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das gewebe literarischer erfahrung - Dr. Jörg-Dietrich Steitz ...

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2 Systematische Grundlegungen: Begriffe - Methoden - Daten 23<br />

2.2 Unterricht im Allgemeinen - Literaturunterricht im Besonderen<br />

Unterricht wird im Folgenden als ein interaktionelles und kommunikatives Geschehen<br />

im institutionellen Kontext der Schule verstanden, <strong>das</strong> sowohl durch bewusste<br />

als auch durch unbewusste Anteile gekennzeichnet ist. An kognitive und emotionale<br />

Orientierungen im Sinne geplanter Ziele, wie sie die allgemeine Didaktik beschreibt,<br />

wird dabei ausdrücklich angeknüpft 9 . In Ergänzung jener, eher als klassisch zu bezeichnenden<br />

allgemein-didaktischen Orientierung werden auch ungeplante und unplanbare<br />

Aspekte des Unterrichtsgeschehens hinsichtlich ihrer didaktischen Relevanz<br />

berücksichtigt. Dabei spielen zum einen unter dem Stichwort „kognitionspsychologische<br />

Wende“ kognitiv-konstruktivistische Überlegungen eine Rolle 10 , zum<br />

andern geht es um ungeplante affektive und emotionale Einflüsse auf <strong>das</strong> Unterrichtsgeschehen.<br />

Deren Wirkung wird üblicherweise als für <strong>das</strong> geplante Geschehen<br />

dysfunktional eingeschätzt und auf zweierlei Weise betrachtet. Entweder sind sie<br />

durch didaktisch-methodische Planung vorab möglichst zu vermeiden, indem Lernerkompetenzen<br />

so im Sinne von Prozessen der Assimilation und Akkomodation auf<br />

Gegenstände des Unterrichts hin orientiert werden, <strong>das</strong>s Lernen immer wieder Zustände<br />

des Gleichgewichts herstellt, ohne <strong>das</strong>s die jeweils notwendigen Ungleichgewichtszustände<br />

<strong>das</strong> Lernen insgesamt gefährden. Andererseits werden dysfunktional<br />

erscheinende Unterrichtsereignisse mit methodischen Mitteln zu beherrschen<br />

versucht, was im Extrem eine technizistischen Sicht des Lehrerhandelns impliziert 11 .<br />

In weniger extremer Weise geht es auch um Methoden des Unterrichtsmanagements<br />

oder der Moderation, die jeweils mittels eines Regelwerks Wahrnehmungs- und<br />

Handlungsweisen zu optimieren versuchen.<br />

Im Sinne der hier vertretenen Sicht auf Erfahrungsprozesse im Unterricht wird in<br />

diesen Methoden die Gefahr gesehen, den realen Prozess nicht mehr wirklich in den<br />

Blick zu bekommen, weil einerseits systematisch <strong>das</strong> „Thema“ zu sehr getrennt gesehen<br />

wird von der „Dynamik“ und andererseits in der Praxis Wahrnehmungsmethoden<br />

und Verhaltensregeln Prozesswahrnehmung vorab so strukturieren, <strong>das</strong>s sich<br />

die Wirklichkeit der Wahrnehmung anpasst und nicht die Wahrnehmung der Wirklichkeit.<br />

12 Hier wird dagegen in Anlehnung an Wolfgang Neidhardts Sicht vom<br />

9 Explizit genannt werden sollen dabei Hilbert Meyers Arbeiten (1980, 1987a, 1987b; sowie<br />

Jank/Meyer 1991), Ingo Schellers Konzeption eines <strong>erfahrung</strong>sbezogenen Unterrichts (1981),<br />

handlungsorientierte Ansätze (im Überblick bei Gudjons 1986) sowie Konzeptualisierungen von<br />

„offenem Unterricht“, wie sie in den Arbeiten von Wulf Wallrabenstein (1991) und Manfred Bönsch<br />

(1991) einen herausragenden Ausdruck gefunden haben.<br />

10 Einen allgemeinen Überblick liefern Howard Gardner (1991) und Werner Ingendahl (1998), eine<br />

allgemeine, deutsch-didaktische Konkretisierung findet sich u.a. bei Kaspar Spinner (1994a).<br />

11 Für diese Tendenz stehen durchaus erfolgreiche Rezeptologien ( z.B. Grell/Grell 1979) und technische<br />

Handreichungen für <strong>das</strong> Lehrerhandeln ( z.B. Grell 1974).<br />

12 Auf eine ausführlichere Auseinandersetzung mit und Abgrenzung von Beispielen für diese Perspektive,<br />

insbesondere der themenzentrierten Interaktion (TZI) (Cohn 1975), wird hier im Bewusstsein ihrer<br />

Notwendigkeit aus Platzgründen verzichtet. Der Verdienst der TZI bei ihrem Bemühen <strong>das</strong><br />

„Thema“ als im Gruppenprozess relevantes Datum deutlicher zu pointieren, als dies in klassisch-ana-

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