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das gewebe literarischer erfahrung - Dr. Jörg-Dietrich Steitz ...

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280 <strong>Jörg</strong> <strong>Steitz</strong>-Kallenbach<br />

kollektiver Stärke. In der Reflexion zeigte sich, <strong>das</strong>s Frau Kahnes Interesse besonders<br />

einem Schüler galt: Simon. Er war ihr der „Swimmy“ der Eingangskonstellation<br />

des Buches: anders und auffallend. Ihm wollte sie, so kann man<br />

deuten, <strong>das</strong> Meer sein, in dem er sich entfalten kann. Vorsichtig näherte sich die<br />

Reflexion dabei auch den Größenfantasien der Lehrerin, die sich der präsentativen<br />

Qualitäten des Unterrichtsgegenstands bedienten.<br />

Weitere Aspekte der supervisorischen Reflexion, die insbesondere die konkrete<br />

Unterrichtseinheit begleitete, waren die Wirkung, die der Unterrichtsgegenstand<br />

als szenischer Impuls in der Lerngruppe auslöste, <strong>das</strong> interaktionelle Geschehen,<br />

<strong>das</strong> sich zwischen der Lerngruppe und dem Unterrichtsgeschehen entfaltete,<br />

und schließlich die Texte und Erzählungen der Schüler, die als Arbeit am Original-Text<br />

auch hinsichtlich ihrer szenischen Qualitäten gedeutet wurden.<br />

Szenische Kompetenz als Ausbildungsperspektive zielt auf die Fähigkeit zum Verstehen<br />

sowohl der präsentativen Dimensionen der Unterrichtsgegenstände als auch<br />

ihrer Ausdrucksformen in der unterrichtlichen Interaktion. Szenische Kompetenz<br />

zielt zum anderen auf Handlungskompetenz im szenischen Arrangement des Unterrichts.<br />

Mit dieser Handlungskompetenz ist sowohl gemeint, <strong>das</strong>s Lehrer über ein<br />

breites methodisches Potential verfügen können müssen, mittels dessen präsentative<br />

Qualitäten von Unterrichtsgegenstand und Unterrichtsprozess wiederum symbolische<br />

Gestaltung erfahren können. Sie meint zudem die Fähigkeit der Lehrer, sich im<br />

Übertragungs-Gegenübertragungsgefüge des Unterrichts so bewegen zu können,<br />

<strong>das</strong>s sich der Rezeptionsprozess im Unterricht, der von den diskursiven und den präsentativen<br />

Qualitäten der Unterrichtsgegenstände geprägt wird, förderlich auf die<br />

Entwicklung der Schüler auswirkt.<br />

Diese Entwicklung ist im Literaturunterricht eine gegenstandsspezifische und originär<br />

fachdidaktische Größe, weil sie als literarische Sozialisation durch und zu Literatur<br />

verstanden werden kann: Als Sozialisation durch Literatur muss der Literaturunterricht<br />

die Perspektive der Schüler als Leser wahren und ihnen entwicklungsrelevante<br />

literarische Anregungen geben. Als Sozialisation zu Literatur muss der Unterricht<br />

die Perspektive der Literatur wahren und zunehmend komplexere und literarästhetisch<br />

anspruchsvollere Angebote machen. Die Spannung zwischen diesen Polen<br />

begründet <strong>das</strong> Gewinnbringende eines Literaturunterrichts, der die Entfaltung literarästhetischer<br />

Kompetenz als identitätsorientierte Beziehungsarbeit im interaktionellen<br />

Geschehen des Unterrichts begreift.

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