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das gewebe literarischer erfahrung - Dr. Jörg-Dietrich Steitz ...

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3 Literaturdidaktische Interaktionsfiguren – eine systematische Rekonstruktion 57<br />

Zwei in hohem Maße normative Perspektiven sind in dieser Position miteinander<br />

vernüpft: eine anthropologische Norm und eine ästhetische Norm.<br />

Ulshöfer übernimmt die deskriptiv-normative Perspektive der Jugendpsychologie<br />

Eduard Sprangers, der mit seiner Psychologie des Jugendalters, 1924 erstmals erschienen<br />

und nach 1945 weiterhin lange als jugendpsychologisches Standardwerk<br />

rezipiert, den (sozial-)pädagogischen Blick auf Jugend seit den zwanziger Jahren<br />

entscheidend geprägt hat. Sprangers beschreibender Ansatz, der in den zahlreichen<br />

Auflagen dieses jugendpsychologischen Standardwerks, immer wieder weitere und<br />

veränderte Facetten von Jugend aufgenommen hat, gerät bei vielen Rezipienten - so<br />

auch bei Ulshöfer - zu einer Sammlung normativer Aussagen über Jugendliche und<br />

Jugend. Die von Spranger übernommenen Beschreibungen entfalten in der Rezeption<br />

die Kraft einer normativen Setzung, die den Blick auf die Schüler bestimmt, bevor<br />

diese noch gesehen wurden. Spranger liefert Ulshöfer dabei aber weniger die<br />

positive Orientierung als vielmehr die Beschreibung jugendlicher Bedürftigkeit und<br />

ihrer Erscheinungsformen. Die positive Orientierung, <strong>das</strong> Ideal, dem es entgegenzustreben<br />

gilt, entfaltet Ulshöfer als eine Zusammenstellung romantischer und religiöser,<br />

zutiefst konservativer und anti-moderner Auffassungen im umstrittenen 2. Kapitel<br />

des zweiten Mittelstufenbandes der „Methodik“ (1957). Das „Leitbild des ritterlichen<br />

(adligen) Menschen“ (1957, 59) wird durch <strong>das</strong> Ideal des Helden bestimmt,<br />

den Ulshöfer wie folgt charakterisiert:<br />

Abb. 6 - Albrecht Dürer: Ritter, Tod und Teufel 11<br />

11 Quelle: Winzinger 1971.<br />

„Der Held ist der Mensch ohne<br />

Wahl, den der Zweifel nicht verzehrt,<br />

die Gefahr nicht schreckt und<br />

der Tod nicht vernichtet; der<br />

Mensch, der von den Gefahren der<br />

Tiefe umgeben ist, aber nicht im<br />

Abgrund versinkt; er ist der eine,<br />

auf den es ankommt, der Trost der<br />

Schwachen, Hilflosen, Notleidenden,<br />

die Verkörperung der Tatkraft,<br />

der Unerschrockenheit, Geselligkeit,<br />

des Maßes. Der Held ist die<br />

jeweilige Hochform des subjektiven<br />

Wertempfindens und Wertstrebens.<br />

Dürers ,Ritter, Tod und Teufel‘ versinnbildlicht<br />

<strong>das</strong> Wesen des Helden<br />

jeder Stufe schlechthin.“ (1957, 47)<br />

Diese menschliche Ideal wird für den<br />

Deutschlehrer in vierfacher Hinsicht<br />

bestimmend: „Zur inhaltlichen Erfül-

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