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das gewebe literarischer erfahrung - Dr. Jörg-Dietrich Steitz ...

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216 <strong>Jörg</strong> <strong>Steitz</strong>-Kallenbach<br />

valenz entfalten Texte gerade auch wegen ihrer Fähigkeit, Unbewusstes erfahr- und<br />

kommunizierbar zu machen. Als solchermaßen qualifizierte Objekte sind Texte in<br />

den literaturunterrichtlichen Prozessen mitunter auch der Auslöser von Widerstand,<br />

der sich schülerseits als Verweigerung, aber auch als extreme Anpassung zeigen<br />

kann. Auch lehrerseits können vergleichbare Abwehrphänomene vorkommen und<br />

sich beispielsweise in bestimmten Textauswahlstrategien, in bevorzugten Methoden,<br />

in einer szientistischen Rezeptionshaltung etc. zeigen. Die Offenheit des Textkonzepts<br />

entfaltet seine Entwicklungsperspektiven aber nicht nur in Richtung auf Subjekte,<br />

die mit Literatur umgehen. Gerade Rezeptionsprozesse, die getragen sind von<br />

der Dynamik der Adoleszenz, können die textuellen Spuren von Prozessen der gesellschaftlichen<br />

Unbewusstmachung in kritischer Perspektive aufzeigen, fassen diese<br />

aber in aller Regel in der personellen Repräsentation adoleszenter und erwachsener<br />

Perspektiven im Unterricht, d.h. in den Schülern einerseits und den Lehrern andererseits.<br />

Die Entfaltungsmöglichkeit dieses kritischen Potentials literaturrezipierender<br />

Prozesse hängt also ganz wesentlich an der Qualität der literaturunterrichtlichen Interaktion.<br />

Sie bildet in jedweder Perspektive den Kern der literaturunterrichtlichen<br />

Prozesse.<br />

Auch die literaturunterrichtliche Interaktion kann innerhalb der literaturdidaktischen<br />

Interaktionsfiguren als zwischen den Polen von ‚geschlossen“ und „offen“<br />

konzeptualisiert betrachtet werden. Als „geschlossene“ Interaktion kann sie in der<br />

Regel dann bezeichnet werden, wenn <strong>das</strong> Oszillieren zwischen Nähe und Distanz im<br />

Unterricht eingefroren scheint, wobei Phänomene von Nähe und Distanz sowohl<br />

zwischen Rezipienten und dem Text als auch unter den Rezipienten selbst vorkommen<br />

können. Dabei sind Phänomene der Nähe wie Identifikation, Anpassung u.ä.<br />

für sich genommen weder positiv noch negativ, genauso wenig wie es Phänomene<br />

der Distanz wie Kritik, Widerstand u.ä. sind. Die Bewegung des Oszillierens zwischen<br />

Nähe und Distanz in der literaturunterrichtlichen Interaktion kann aber von<br />

Verunsicherungen auf Seiten der Subjekte begleitet sein, die sich als Schwindelgefühle<br />

im Strudel des literaturrezipierenden Geschehens äußern können. Abwehrstrategien,<br />

Methoden, Regulierungstechniken für den Literaturunterricht können dazu<br />

verwendet werden, die notwendig fragile Struktur der literaturdidaktischen Interaktion<br />

abzusichern. Ob sie dabei im Sinne von Gegenübertragungswiderständen wirken<br />

oder helfen, den Erfahrungs- und Erkenntnisprozesse am und im Medium der<br />

Literatur auch im schulischen Kontext prospektiv offen zu halten, kann nur in Betrachtung<br />

konkreter Prozesse entschieden werden. Die literaturdidaktischen Konzeptualisierungen<br />

des literaturunterrichtlichen Geschehens in den drei literaturdidaktischen<br />

Interaktionsfiguren haben eine Einblick in jeweilige Möglichkeiten gegeben.

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