das gewebe literarischer erfahrung - Dr. Jörg-Dietrich Steitz ...
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82 <strong>Jörg</strong> <strong>Steitz</strong>-Kallenbach<br />
demokratischen Praxis des Deutschunterrichts<br />
und einer wissenschaftlichen<br />
Lehrerausbildung auch der<br />
nicht-gymnasialen Lehrämter. Diese<br />
Grundorientierung, die er selbst in<br />
einen äußerst dichten und biografisch<br />
konsistenten Zusammenhang<br />
zu bringen versucht hat (1989a),<br />
lassen Helmers als wichtigen Vertreter<br />
der Reformbemühungen der<br />
Zeit um 1970 erscheinen 28 .<br />
Abb. 11 - Helmers’ Hauptanliegen<br />
Dabei strahlt sein Werk, vor allem die „Didaktik“ als bisher letzte Didaktik<br />
der deutschen Sprache und Literatur aus einer Hand, noch etwas von der autoritativen<br />
Aura der personalen Didaktiken und Methodiken Ulshöfers und<br />
Essens aus. Als Ausdruck jener personalen Dimension spüre ich ein gewisses<br />
Unbehagen, ein Gefühl von Ungehörigkeit, mich anders als auf „sachlichem“<br />
Wege Helmers zu nähern, mich nicht vorschnell auf die Ebene der didaktischen<br />
Systematik einzulassen, um sie vor dem Hintergrund anderer didaktischer<br />
Konzeptionen und Entwicklungen einer sachlichen Würdigung zu unterziehen.<br />
Als ob ich etwas Verbotenes zu tun im Begriff bin. Ich spüre eine ungebrochene<br />
Präsenz von Helmers, die zwischen den Extremen einer unkritischen<br />
Verehrung und einer sprachlosen Abgrenzung angesiedelt werden<br />
kann. 29 Auch die Würdigungen Helmers’ nach seinem Tod scheinen mir Ausdruck<br />
jener Polarität, in der zwischen Verehrung und Unterwerfung (Eckhardt<br />
1989) und stillem Protest zwischen den Zeilen (Dierks 1989) kaum ein<br />
Mittelding zu bleiben scheint. Ich frage mich, inwiefern diese Polarisierung<br />
eine Dimension des Werks ist, ob sie implizit als Interaktionskonzept in <strong>das</strong><br />
Werk eingeschrieben ist. Das Werk jedoch vermeidet an seiner Oberfläche<br />
jedweden Anflug einer persönlichen Note, es wirkt auf mich in übersteigertem<br />
Maße unpersönlich und sachorientiert. Gerade angesichts dieser Tatsache<br />
fällt der quantitativ kleine, qualitativ aber intensive Versuch auf, dem Werk<br />
eine biografische Konsistenz zu verleihen. Dieser Versuch weckt meine Neugier,<br />
zeichnet mir einen Weg in <strong>das</strong> Werk hinein!<br />
Die Beweggründe für seine Tätigkeit in der und für die Lehrerbildung liegen nicht<br />
allein im Demokratiegebot des Grundgesetzes, wie es vor allem die Argumentationen<br />
der Memoranden und Gutachten der späten sechziger und frühen siebziger Jahre<br />
beeinflusst hat. Deutlich schält sich ein biografischer Begründungszusammenhang<br />
heraus, der auf die Erfahrung von Krieg und Zerstörung im Zweiten Weltkrieg abhebt,<br />
der hier als wichtige Determinante der spezifischen Ausprägung der literaturdidaktischen<br />
Interaktionsfigur bei Helmers betrachtet werden soll.<br />
28 Dies scheint auch belegt durch die Publikationsgeschichte der „Didaktik der deutschen Sprache“, wie<br />
sie Helmers selbst berichtet (1989a, 64): Die Absatzzahlen haben mit den Auflagen von 1969 und<br />
1971 ihre auf einzelne Jahre gesehen höchsten Werte.<br />
29 Einen ähnlich ambivalenten Eindruck schildern Ulf Abraham und Ortwin Beisbart (1999) in ihrer Besprechung<br />
der 12., von Juliane Eckhardt herausgegebenen Auflage von Helmers’ Didaktik.