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das gewebe literarischer erfahrung - Dr. Jörg-Dietrich Steitz ...

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3 Literaturdidaktische Interaktionsfiguren – eine systematische Rekonstruktion 81<br />

Für Literaturdidaktik und Literaturunterricht bedeutet dies, <strong>das</strong>s die Gegenstände –<br />

also literarische Texte im weitesten Sinne – nur insofern Gegenstand des Unterrichts<br />

werden, als sie wissenschaftlich bestimmt sind. Diese Bestimmung wurde überwiegend<br />

durch literaturwissenschaftliche Bezüge gesehen. Dieser Bezug ist aber insofern<br />

eine Beschränkung, als etwa ein kinder- oder jugend<strong>literarischer</strong> Text auch deshalb<br />

zum Gegenstand des Unterrichts werden kann, weil er von Schülern gelesen<br />

wird und diese von dieser Lektüre berichten. 26 In ihrer fachwissenschaftlichen<br />

Orientierung gibt die Literaturdidaktik die Spannung zwischen der Gegenstandsorientierung<br />

und der Orientierung an dem, was Schüler als Leser mit den Gegenständen<br />

machen, auf, statt sie selbst zum Gegenstand zu machen, zu erforschen und in der<br />

Formulierung literaturdidaktischer Konzepte zum Ausdruck zu bringen. Auch wenn<br />

etwa Hubert Ivo (1977) einerseits eine mehr am unmittelbaren Unterrichtsgeschehen<br />

orientierte Deutung des Wissenschaftspostulats vornimmt 27 , erhält doch auch bei<br />

ihm die Fachdidaktik die Aufgabe, die<br />

„Übereinstimmung bzw. den Abstand von praktiziertem Fachunterricht zum<br />

Erkenntnisstand der entsprechenden Fachwissenschaft (zu prüfen). Der wissenschaftliche<br />

Charakter solcher Arbeit wird aus dem Frage- und Erkenntnishorizont<br />

der Fachwissenschaft gewonnen.“ (Ivo 1977, 51)<br />

Fachunterricht ist demnach immer mehr oder weniger distant, will sagen different<br />

zum Erkenntnisstand der Fachwissenschaft. Wissenschaftliche Fachdidaktik ist die<br />

Kontrollinstanz, die diese Differenz zu minimieren hat. Literaturdidaktisch zu bestimmende<br />

Lernprozesse sind somit auch bei Ivo im wesentlichen durch ihren Gegenstandsbezug<br />

bestimmt und nicht durch ihre Subjekt- und Interaktionsbezüge.<br />

Diese Bestimmung ist für die Interaktionsfigur „Das Verschwinden der Subjekte<br />

unter dem Gewand der Wissenschaft“ zentral, was sich vor allem in Hermann Helmers’<br />

„Didaktik der deutschen Sprache“ (1966ff) zeigt.<br />

3.3.2 Wissenschaftlichkeit als Dimension der literaturdidaktischen Gegenstände<br />

Helmers’ Wirken, <strong>das</strong> neben den wissenschaftlichen Schriften eine umfangreiche<br />

bildungs- und hochschulpolitische Komponente besitzt, kann insgesamt als ein<br />

wichtiger Beitrag zur Formierung der literaturdidaktischen Interaktionsfigur der<br />

Wissenschaftsorientierung bezeichnet werden.<br />

Die drei Säulen seines Wirkens (Abb. 11) bestehen in der Forderung nach einer wissenschaftlich<br />

fundierten Didaktik der deutschen Sprache und Literatur, einer<br />

26 Diese Problem greift u.a. Malte Dahrendorf (1969) sehr früh auf und knüpft damit einerseits an die<br />

Tradition lesepädagogischer Konzeptionen an, andererseits macht er somit auf die realen Leseprozesse<br />

von Kindern und Jugendlichen aufmerksam.<br />

27 „Aussagen über Sachverhalte im Unterricht dürfen – im Grundsatz – nicht hinter dem wissenschaftlich<br />

gewonnenen Erkenntnisstand zurückbleiben.“ (Ivo 1977, 51)

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