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das gewebe literarischer erfahrung - Dr. Jörg-Dietrich Steitz ...

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202 <strong>Jörg</strong> <strong>Steitz</strong>-Kallenbach<br />

Aussage dicht zu machen, abzusichern und lese Brüche, grammatikalische<br />

und lexikalische Brüche, die auf thematische Brüche verweisen: Subjektrepräsentationen<br />

(!) werden als Munitionen (! – der Plural steht so im Originaltext)<br />

gruppendynamischer Prozesse (!) instrumentalisiert. Dies scheint sich wie <strong>das</strong><br />

eigentliche Thema des Aufsatzes herauszuschälen: die Schutzlosigkeit der<br />

Subjekte im Strudel, ja im Schlachtfeld der gruppendynamischen Prozesse.<br />

(vgl. 103)<br />

Insgesamt könnte man <strong>das</strong> hier geschilderte Geschehen insofern als Ausdruck einer<br />

im wesentlichen unbewussten Dimension der literaturdidaktischen Interaktionsfigur<br />

„Identifikation und Differenzen: literarische Sozialisation“ verstehen, als Gefühle<br />

von Wut, Aggression, Verwirrung und Angst auch auf Seiten der Lehrer in genau<br />

jenem Prozess erkennbar werden, der durch eine subjektnahe und identitätsorientierte<br />

Rezeption <strong>literarischer</strong> Texte im Unterricht konzeptualisiert wird. Die unterrichtliche<br />

Dynamik wird – so lässt sich vermuten – als bedrohlicher Strudel wahrgenommen,<br />

auf den mit aggressiv wirkenden Zuschreibungen an Schüler oder methodischen<br />

Kanalisierungen des Prozesses reagiert werden könnte. Damit verlöre die<br />

literaturdidaktische Interaktionsfigur aber ihre Offenheit, die sie sich auch gegenüber<br />

den negativen Affekten bewahren muss.<br />

Sicher ist Vollertsen und Wellner darin zuzustimmen, <strong>das</strong>s weder die biografischen<br />

Hintergründe von Schüler- wie Lehrerhandlung im Unterricht, noch <strong>das</strong> gruppendynamische<br />

Gefüge in Form eines therapeutischen Settings Thema des Unterrichts<br />

werden dürfen. Die ausschließlich methodische Handhabung der Gruppendynamik<br />

im literaturunterrichtlichen Interaktionsgefüge bedroht jedoch dann den intendierten<br />

„entwicklungsbezogenen Ansatz“ (103), wenn diese in verdinglichtem Prozessmanagement<br />

erstarrt. Dann nämlich werden die Schüler ‚gemanagt’ und die Lehrer - so<br />

ließe sich vor dem Hintergrund der geschilderten unbewussten Dynamik schließen -<br />

agieren als Manager ihre Größen- und Machtfantasien sowie ihre Enttäuschungen.<br />

Das didaktische Konzept ist dann in Gefahr als Spiegel für Selbst-Ideale der Lehrer<br />

zu fungieren und die angestrebte Entwicklung der literarischen Erfahrung von<br />

Schülern letztlich zu verhindern.<br />

3.4.5 Handlung und Produktion als Methode literaturdidaktischer<br />

Interaktionssteuerung<br />

Bereits im Zusammenhang der Publikationen von Gerhard Haas wurde darauf hingewiesen,<br />

<strong>das</strong>s sich mit der Entwicklung der Handlungs- und Produktionsorientierung<br />

bzw. den Konzepten des produktiven Verstehens zu zentralen didaktisch-methodischen<br />

Konzeptionen der literaturdidaktischen Interaktionsfigur der literarischen Sozialisation<br />

eine Tendenz zur Versachlichung feststellen lässt. Einem Gewinn auf<br />

Seiten der Methoden und der Modellbildung steht dabei ein Verlust auf Seiten der<br />

szenischen Lebendigkeit in den Darstellungen gegenüber.<br />

Diese deutliche Konzentration auf Methoden und Handlungsanweisungen in vielen<br />

Publikationen zur Handlungs- und Produktionsorientierung könnte vor dem Hinter-

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