Frühling
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Andrea Seelich<br />
Andrea Seelich arbeitet als Architektin und<br />
Penologin seit mehr als 20 Jahren im Bereich<br />
des europäischen Strafvollzuges. Sie<br />
berät Justizministerien, Anstaltsleiter und<br />
Architekten, unterrichtet an Hochschulen<br />
und publiziert. Der Fokus ihrer Arbeit liegt<br />
auf der Wirkung und den Möglichkeiten<br />
der Architektur im Strafvollzugsalltag.<br />
nisse der Psychologie, Soziologie, Penologie,<br />
Kriminologie der Gegenwart brauchen eine<br />
moderne Architektur – nur wird diese bislang<br />
nicht gelehrt“, kritisiert Seelich. „Um wirklich<br />
eine Vorstellung von der Strafvollzugsarchitektur<br />
und ihrer Wirkungsmöglichkeit zu bekommen,<br />
reicht ein Semesterprojekt nie aus,<br />
was auch der Grund ist, dass alle Versuche in<br />
diese Richtung scheitern.“<br />
Um das Handwerk des Strafvollzugsbaus zu<br />
lernen braucht es laut Seelich theoretisches<br />
Wissen aus den Bereichen Architektur und<br />
Städtebau, Strafvollzugskunde, Geschichte,<br />
Gesetzgebung (national und international),<br />
Psychologie (vor allem die Auswirkungen von<br />
Freiheitsentzug), Soziologie und Management.<br />
Dieses Wissen muss mit der Praxis in Justizanstalten<br />
einhergehen, denn nur so lernt man<br />
die Auswirkungen der Theorie auf den Alltag.<br />
„Dazu genügt es nicht, ein Gefängnis gut zu<br />
kennen, sondern mindestens zehn verschiedene<br />
in verschiedenen Ländern“, so Seelich.<br />
„Sattelfest wird man ab etwa 50 analysierten<br />
Gefängnisbetrieben. Sattelfest bedeutet, dass<br />
man beim Blick auf einen Grundriss erkennt,<br />
welche Gefahren, welche Atmosphäre, Arbeitszufriedenheit<br />
und Wirtschaftlichkeit sowohl<br />
in Bezug auf die Instandhaltung als auch auf<br />
die Personalressourcen der Entwurf bietet.“<br />
Es genügt also bei weitem nicht, Fenster und<br />
Türen auseinanderhalten zu können. Wer<br />
tut sich das an? In der Regel niemand und so<br />
wird das Thema aus den Justizministerien<br />
gerne ausgelagert. Die Folgen sind fehlende<br />
Kontinuität bei der Gefängnisplanung und<br />
somit Ineffizienz, also Unwirtschaftlichkeit. Je<br />
weiter der Weg zwischen den Nutzern und den<br />
Verantwortlichen ist, desto weniger fällt dies<br />
auf. Thematisiert wird das hin und wieder bei<br />
Wettbewerben.<br />
Fehler bei Ausschreibungen<br />
Seelich beschreibt die richtige Herangehensweise<br />
so: „Am Anfang steht ein zeitgemäßes<br />
Betriebs- und Vollzugskonzept der zu planenden<br />
Anstalt. Das bedeutet, dass der Anstaltsleiter,<br />
das Projekt von der Planung bis zur Fertigstellung,<br />
den Probebetrieb in der Dauer eines<br />
Jahres, und mindestens einige Jahre Regelbetrieb<br />
führt. Idealerweise mit einem Kernteam<br />
seiner engsten Mitarbeiter. Das Ausmaß der<br />
anstaltsinternen Partizipation ist oft Talentsache<br />
des Managements, dauert manchmal länger,<br />
zahlt sich allerdings aus. Auf dem Betriebsund<br />
Vollzugskonzept aufbauend entsteht ein<br />
Raum- und Funktionsplan. Idealerweise wird<br />
eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben,<br />
die die Schwächen und neuralgischen Punkte<br />
der bisherigen Unterlagen und/oder des gewählten<br />
Grundstückes aufzeigt. Nun sollte<br />
eine genaue Beschreibung der gewünschten<br />
Raumwirkungen und No-Gos erfolgen. Die am<br />
Wettbewerb teilnehmenden Architekten können<br />
sich so voll auf ihr Können im Bereich der<br />
Raumschaffung und Raumgestaltung fokussieren,<br />
und sich so von den oft falschen Darstellungen<br />
des Themas Gefängnis in den täglichen<br />
Fernsehserien lösen. Sehr zu empfehlen ist<br />
es, bei dem Wettbewerb nicht ein ‚schlüsselfertiges‘<br />
Gefängnis zu suchen, sondern einen<br />
Architekten als Partner, der zusammen mit<br />
dem internen Kernteam die zu dem Zeitpunkt<br />
idealen Lösungen für alle Funktionsabläufe<br />
entwickelt. Dazu braucht es einen erfahrenen<br />
Anstaltsleiter, den Rückhalt der übergeordneten<br />
Behörden und politischen Willen, meist<br />
über eine Legislaturperiode hinaus.“ Findet<br />
diese, durch logische Herangehensweise in der<br />
Praxis Anwendung? Leider nein, wie sich zeigt.<br />
Und so wird die Justizanstalt Klagenfurt bereits<br />
vor dem Baustart kritisiert.<br />
<strong>Frühling</strong> 2021<br />
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