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Frühling

| Nicht nur überlegen. Machen. - Coverinterview mit Cornelia Palfy | | Zu Tisch mit Martin Kahrer | | Exklusiv im Fokus-Interview: Wolf Plettenbacher & Martin Stopfer, Harald Deinsberger-Deinsweger, Mathias Haas | | Die große BauTec-Umfrage zu ESG und EU-Taxonomie-Verordnung | | Kommentare u.a. von Caroline Mocker, Andreas Gobiet, Clemens Hecht, Markus Mendel, Philipp Kaufmann, Alexander Bosak, , Hannes Gerstmann, Bernd Riesland| | Themen im Fokus: Junge Talente der Baubranche: 30 unter 35|

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Andrea Seelich<br />

Andrea Seelich arbeitet als Architektin und<br />

Penologin seit mehr als 20 Jahren im Bereich<br />

des europäischen Strafvollzuges. Sie<br />

berät Justizministerien, Anstaltsleiter und<br />

Architekten, unterrichtet an Hochschulen<br />

und publiziert. Der Fokus ihrer Arbeit liegt<br />

auf der Wirkung und den Möglichkeiten<br />

der Architektur im Strafvollzugsalltag.<br />

nisse der Psychologie, Soziologie, Penologie,<br />

Kriminologie der Gegenwart brauchen eine<br />

moderne Architektur – nur wird diese bislang<br />

nicht gelehrt“, kritisiert Seelich. „Um wirklich<br />

eine Vorstellung von der Strafvollzugsarchitektur<br />

und ihrer Wirkungsmöglichkeit zu bekommen,<br />

reicht ein Semesterprojekt nie aus,<br />

was auch der Grund ist, dass alle Versuche in<br />

diese Richtung scheitern.“<br />

Um das Handwerk des Strafvollzugsbaus zu<br />

lernen braucht es laut Seelich theoretisches<br />

Wissen aus den Bereichen Architektur und<br />

Städtebau, Strafvollzugskunde, Geschichte,<br />

Gesetzgebung (national und international),<br />

Psychologie (vor allem die Auswirkungen von<br />

Freiheitsentzug), Soziologie und Management.<br />

Dieses Wissen muss mit der Praxis in Justizanstalten<br />

einhergehen, denn nur so lernt man<br />

die Auswirkungen der Theorie auf den Alltag.<br />

„Dazu genügt es nicht, ein Gefängnis gut zu<br />

kennen, sondern mindestens zehn verschiedene<br />

in verschiedenen Ländern“, so Seelich.<br />

„Sattelfest wird man ab etwa 50 analysierten<br />

Gefängnisbetrieben. Sattelfest bedeutet, dass<br />

man beim Blick auf einen Grundriss erkennt,<br />

welche Gefahren, welche Atmosphäre, Arbeitszufriedenheit<br />

und Wirtschaftlichkeit sowohl<br />

in Bezug auf die Instandhaltung als auch auf<br />

die Personalressourcen der Entwurf bietet.“<br />

Es genügt also bei weitem nicht, Fenster und<br />

Türen auseinanderhalten zu können. Wer<br />

tut sich das an? In der Regel niemand und so<br />

wird das Thema aus den Justizministerien<br />

gerne ausgelagert. Die Folgen sind fehlende<br />

Kontinuität bei der Gefängnisplanung und<br />

somit Ineffizienz, also Unwirtschaftlichkeit. Je<br />

weiter der Weg zwischen den Nutzern und den<br />

Verantwortlichen ist, desto weniger fällt dies<br />

auf. Thematisiert wird das hin und wieder bei<br />

Wettbewerben.<br />

Fehler bei Ausschreibungen<br />

Seelich beschreibt die richtige Herangehensweise<br />

so: „Am Anfang steht ein zeitgemäßes<br />

Betriebs- und Vollzugskonzept der zu planenden<br />

Anstalt. Das bedeutet, dass der Anstaltsleiter,<br />

das Projekt von der Planung bis zur Fertigstellung,<br />

den Probebetrieb in der Dauer eines<br />

Jahres, und mindestens einige Jahre Regelbetrieb<br />

führt. Idealerweise mit einem Kernteam<br />

seiner engsten Mitarbeiter. Das Ausmaß der<br />

anstaltsinternen Partizipation ist oft Talentsache<br />

des Managements, dauert manchmal länger,<br />

zahlt sich allerdings aus. Auf dem Betriebsund<br />

Vollzugskonzept aufbauend entsteht ein<br />

Raum- und Funktionsplan. Idealerweise wird<br />

eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben,<br />

die die Schwächen und neuralgischen Punkte<br />

der bisherigen Unterlagen und/oder des gewählten<br />

Grundstückes aufzeigt. Nun sollte<br />

eine genaue Beschreibung der gewünschten<br />

Raumwirkungen und No-Gos erfolgen. Die am<br />

Wettbewerb teilnehmenden Architekten können<br />

sich so voll auf ihr Können im Bereich der<br />

Raumschaffung und Raumgestaltung fokussieren,<br />

und sich so von den oft falschen Darstellungen<br />

des Themas Gefängnis in den täglichen<br />

Fernsehserien lösen. Sehr zu empfehlen ist<br />

es, bei dem Wettbewerb nicht ein ‚schlüsselfertiges‘<br />

Gefängnis zu suchen, sondern einen<br />

Architekten als Partner, der zusammen mit<br />

dem internen Kernteam die zu dem Zeitpunkt<br />

idealen Lösungen für alle Funktionsabläufe<br />

entwickelt. Dazu braucht es einen erfahrenen<br />

Anstaltsleiter, den Rückhalt der übergeordneten<br />

Behörden und politischen Willen, meist<br />

über eine Legislaturperiode hinaus.“ Findet<br />

diese, durch logische Herangehensweise in der<br />

Praxis Anwendung? Leider nein, wie sich zeigt.<br />

Und so wird die Justizanstalt Klagenfurt bereits<br />

vor dem Baustart kritisiert.<br />

<strong>Frühling</strong> 2021<br />

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