Frühling
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ImFokus<br />
Ältere Menschen haben<br />
andere Bedürfnisse<br />
Projekt-Know-how. Wohnpsychologe und Bauforscher Harald Deinsberger-Deinsweger von<br />
Wohnspektrum über die neuesten Erkenntnisse bei Alterswohnsitzen.<br />
Das Gespräch führte: Lisa Grüner<br />
Welche neuen Erkenntnisse in Bezug auf<br />
Bedürfnisse älterer Menschen gibt es?<br />
Harald Deinsberger-Deinsweger: Es gibt eine<br />
Vielzahl an Erkenntnissen, die noch nicht den<br />
Weg in die Praxis gefunden haben – die also in<br />
dieser Hinsicht „neu“ wären. Eine Auflistung<br />
würde hier wohl den Rahmen sprengen. Eine<br />
Frage, die in der Praxis stets auftaucht, wäre:<br />
Sollen die Betroffenen Gegenstände oder<br />
Möbelstücke aus ihrer alten Wohnung ins<br />
Heim mitnehmen oder soll man ihnen das<br />
Zimmer schön vorgestalten? ... Beides in der<br />
Hoffnung, dass sie sich dann dort schneller<br />
zuhause fühlen.<br />
Emotionale Ortsbindung (= Heimatgefühl)<br />
entsteht weniger durch einzelne Objekte,<br />
sondern primär durch den Prozess der<br />
Personalisierung selbst. Das heißt, man sollte<br />
den Bewohnern die selbstbestimmte Gestaltung<br />
des eigenen Zimmers, so gut es geht,<br />
ermöglichen. Man kann ihnen beratend zur<br />
Seite stehen und natürlich bei der Montage zur<br />
Hand gehen. Aber die so wichtige Personalisierung<br />
(= selbstbestimmte Gestaltung) sollte<br />
überwiegend von der Person, die dann auch<br />
darin wohnt, durchgeführt werden dürfen.<br />
Für die Planung hieße dies, sich Konzepte<br />
zu überlegen, die möglichst viele Optionen<br />
bieten, die zur Personalisierung geradezu<br />
ermutigen. Dies gilt im Übrigen auch für die<br />
Gemeinschaftsbereiche.<br />
Wie kam es dazu, dass Sie sich mit Wohnpsychologie<br />
und Altersheimen auseinandergesetzt<br />
haben?<br />
In der Wohnpsychologie geht es primär um<br />
die Wirkung von Räumen auf Befinden und<br />
Verhalten, auf Gesundheit, Regeneration und<br />
auch auf die kognitiven Funktionen etc. Dies<br />
betrifft im Prinzip alle Lebensphasen – auch<br />
das hohe Alter.<br />
Den Ausschlag gab vor rund fünf Jahren die<br />
Schweizer Age-Stiftung, die sich mit Wohnen<br />
im Alter beschäftigt. Sie trat an mich heran,<br />
um ein einige Heime zu analysieren und<br />
einige Publikationen zu verfassen.<br />
In welchen Projekten kam Ihr Know-how<br />
zum Einsatz?<br />
Das jüngste war ein Altenpflegeheim der<br />
Caritas in Wien, wo ich bereits während der<br />
Wettbewerbsphase die eingereichten Projekte<br />
analysieren durfte. Dies ist natürlich der<br />
Idealfall. Bei den meisten Projekten kam ich<br />
erst hinzu, als das Gebäude bereits errichtet<br />
war, dann ist es allerdings für viele hilfreiche<br />
Empfehlungen zu spät. Es wäre eine wichtige<br />
Botschaft, dies zu verändern.<br />
Wenn jemandem Menschlichkeit beim Bauen<br />
ein Anliegen ist, dann sollte er unser Knowhow<br />
am besten bereits in der frühen Planungsphase<br />
anfordern.<br />
Dann ist in den meisten Fällen noch sehr viel<br />
möglich – häufig auch ohne nennenswerte<br />
Mehrkosten.<br />
Welche Skills mussten Sie sich aneignen?<br />
Wie sind Sie dabei vorgegangen?<br />
Die Basis für meine Tätigkeit bilden rund 20<br />
Jahre systematische Recherche aller relevan-<br />
ten Forschungsgebiete von der Wahrnehmungs-,<br />
Entwicklungs- und Sozialpsychologie<br />
bis hin zur Gehirnforschung und vieles mehr<br />
sowie zum anderen zahlreiche Projektanalysen<br />
in der Praxis.<br />
Gibt es länderspezifische Vorgaben oder<br />
sind die Altersheime in ihrer Grundkonzeption<br />
ähnlich?<br />
Meiner Kenntnis nach sind die Vorgaben<br />
ähnlich. Was ich stets empfehle, ist, dass man<br />
auch (überprüfbare) humanwissenschaftliche<br />
Vorgaben für die Planung definiert. Räume<br />
können zum Beispiel dazu beitragen, dass<br />
der Abbau kognitiver Fähigkeiten, Stichwort<br />
Demenz, verlangsamt wird und dass die<br />
Wahrscheinlichkeit für Phänomene wie<br />
Depressionen oder auch Burn-outs beim<br />
Personal reduziert wird.<br />
Was sind wesentliche Merkmale/Voraussetzungen<br />
von Altersheimen?<br />
Da gibt es viele. Der wichtigste Aspekt wäre<br />
meines Erachtens, ein Altersheim nicht als Arbeits-<br />
und Pflegeort, sondern als Lebensraum<br />
für Bewohner und Personal zu betrachten.<br />
Dies klingt zwar lapidar, erfordert aber ein<br />
völliges Umdenken, quasi einen Paradigmenwechsel.<br />
Dann geht es nicht mehr um das<br />
„optimale“ Gebäude, sondern um die optimale<br />
Wirkung von räumlichen Charakteristiken auf<br />
Menschen – auf Genesungsprozesse, auf die<br />
mentale Fitness, auf die Beziehungen zueinander<br />
sowie auf die Belastbarkeit des Personals<br />
und vieles andere mehr.<br />
Fotos: Adobe Stock, Harry Schiffer Photodesign<br />
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