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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 245<br />

Beine ein bisschen und erleichterten sich wie die Kühe im Stehen. Dann<br />

schlangen sie wieder eine jede einen Arm um den Hals der anderen und gingen<br />

entschlossen lauthals singend wieder los. Zurück blieb eine Lache gleich jener<br />

von Sergej Jessenins Stute Riasan. Das zweistimmige Lied, das sie in perfekter<br />

Terz mit ihren Messingtimbres, welche sich mit dem rötlichen Gelb der Weiden<br />

und dem goldigen Ocker des Stoppelfeldes vermischten, füllte das gesamte Tal<br />

mit Sehnsucht und Schwermut. Die wilde Schönheit und die elementare Kraft,<br />

die aus dem Lied emporstiegen, ließen mich erstarren. Bald verschmolzen die<br />

beiden Weiber mit dem Horizont des Tales und ließen hinter sich ein Gewölbe<br />

von ergreifenden Echos zurück – und in mir eine Frage ohne Antwort: Wie ist es<br />

nur möglich, dass aus der Brust solcher im Suff versunkenen Unweiber so ein<br />

reines Klanguniversum aufsteigen konnte, gleich einem Liliensp<strong>ro</strong>ss aus einem<br />

Sumpf? Wie dem auch sei, ein sonderbares Volk ist das, welches sich bloß auf<br />

der Schnittlinie der Kontraste zu Hause fühlt!

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