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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 387<br />

paar Minuten des Wartens kamen sie wieder heraus, und der Deutsche<br />

verabschiedete sich von uns, indem er so viele Hände drückte, wie er konnte,<br />

und wünschte uns eine angenehme Reise und Glück inmitten unserer Lieben.<br />

Dann bestieg er zusammen mit seinem Begleiter, dessen Mappe nun leer war,<br />

einen Jeep, und weg waren sie.<br />

Dann stiegen auch wir von den LKWs und wurden von den Gardesoldaten<br />

dem ersten Empfangsritual, der Durchsuchung unterzogen, bei der es keine<br />

Vorfälle gab. Es folgte der zweite Akt – das Bad. Danach wurden wir in den<br />

Schlafsaal gebracht. Das war eine Baracke mit einem kleinen Hof, alles von<br />

einem Stacheldrahtzaun umgeben und mit einem Schloss am Tor. Welches der<br />

Natschalnik, der uns begleitet hatte, abschloss. Auf unsere P<strong>ro</strong>teste hin<br />

erwiderte er knapp: Karantin (Quarantäne). Und verschwand in der Nacht.<br />

Wieder eingeschlossen? Nein. Das musste ein Fehler sein? Wozu uns in<br />

Quarantäne stecken, wenn wir spätestens übermorgen wieder aufbrachen?<br />

Morgen früh würden wir zum Rapport antreten beim Lagerkommandanten und<br />

alles klären. Und da wir dies nun abgemacht hatten, beschlossen wir, den<br />

Schlafsaal zu betreten. Es war Mitternacht vorbei, aber noch hell, man konnte<br />

lesen. Da ich gleich neben der Tür stand, ging ich als erster hinein, trat in den<br />

Vorraum, wo mir ein Geruch nach Aborteimern die Nase verbog. Ich hatte nicht<br />

zwei Schritte getan, als ich auf einen weißen Schatten in Hemd und langen<br />

Unterhosen prallte, der traumwandlerisch Richtung Aborteimer wankte und beim<br />

Aufprall aufschrie, als wäre er auf einen auferstandenen Toten gestoßen.<br />

„Radu, bist du’s denn, wirklich und wahrhaftig? Wie bist du denn hierher<br />

gelangt? Sieh an, da sind ja auch Vonica und Mitic\ B\lan, Gabi und Romic\!<br />

Gibt’s denn das? G<strong>ro</strong>ßer Gott! He, Jungs“, rief er und öffnete die Tür zum<br />

Schlafsaal, „aufgewacht, unsere Kameraden sind da!“ Der, der mir diese<br />

Nachtrede gehalten hatte, war mein Regimentskamerad und guter Freund<br />

Leutnant Clement Borcea, der zur ersten Gruppe gehört hatte, die Ustschoara<br />

verlassen hatte. Alarmiert von seinen Rufen sprangen unsere bloß 12 Stunden<br />

vor uns abgereisten Jungs von ihren Pritschen, um uns zu empfangen. Die<br />

Freude war auf beiden Seiten g<strong>ro</strong>ß, wieder zusammen zu sein, vor allem, da die<br />

verwaltungstreuen Elemente der ersten Gruppe ja perfide darauf angespielt<br />

hatten, dass unsere Repatriierung in der Schwebe blieb, und falls sie t<strong>ro</strong>tzdem<br />

eintreten sollte, dann sehr spät und nicht für alle.<br />

Und siehe da, nach nur 12 Stunden tauchten auch wir, die schwarzen<br />

Schafe, die zur ewigen Gefangenschaft Verdammten, auf. Unser Erscheinen<br />

gleich Geistern mitten in der Nacht trübte die Träume derer mit schlechtem<br />

Gewissen, sie waren vorerst einmal perplex. Unsere Gegenwart warf ihre<br />

gesamte Logik über den Haufen. Dann aber begannen sie sich auch zu freuen<br />

und lächelten uns schief an.<br />

Es war drei Uhr nachts, und t<strong>ro</strong>tz aller Müdigkeit vom Vortag wollte<br />

niemand auf die Gespräche verzichten und schlafen gehen. Vor allem da nun im<br />

Mittelpunkt der Diskussion die kapitale Frage th<strong>ro</strong>nte, ob wir alle denn nun<br />

heimkehren würden.<br />

Im Laufe des Tages besuchte sie der Lagerkommandant, und auf die Frage nach<br />

dem Datum der Abreise, antwortete er ihnen, er habe keinen Sonderbefehl für

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