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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 38<br />

5. DIE VERZWEIFELTE FLUCHT<br />

Von da an verlieren meine Erinnerungen ihren ch<strong>ro</strong>nologischen Faden,<br />

nicht aber auch die Deutlichkeit der Bilder, die sich mir in allen Einzelheiten<br />

eingeprägt haben. Nur kann ich ihre Abfolge nicht realisieren. Sie sind wie die<br />

bunten und glitzernden Perlen, deren Kette gerissen ist. Genau genommen hat<br />

das gesamte Drama sich in einigen Tagen abgespielt (zwischen dem Morgen<br />

des 19. November und dem Abend des 23.), es waren fünf Tage der Hetze durch<br />

die sowjetischen Panzer, mit denen wir uns zahlreiche Artilleriegefechte lieferten,<br />

mit kurzen Rastaufenthalten und Hasenschlaf, mit Abweichungen von der<br />

Marsch<strong>ro</strong>ute, je nach der Lage, in die wir gerieten, und all diese<br />

übermenschlichen Anstrengungen wurden von der obersten Hoffnung genährt,<br />

nach Klezkaja zu gelangen, bevor sich der Kreis schloss. Einige dieser Bilder:<br />

Eine äußerst hügelige Gegend: Hohe Steilhänge, wandgerade, bedeckt<br />

von Birken- und Weidenwäldchen, auf deren erschüttertem Laub das Blut des<br />

Abend<strong>ro</strong>ts gerann. Jenseits der Hügelkämme begann die Steppe, aus der man<br />

das Brummen der Panzer hören konnte, die sich uns, die wir uns am Fuße der<br />

Steilhänge befanden, näherten. Um die Abstände dazwischen zu durchqueren,<br />

hatten wir uns in kleinere Trupps aufgeteilt, um im Galopp die allzu ausgesetzten<br />

Räume zurückzulegen. Als erste schoss unter dem Steilhang die Haubitze Nr. 1<br />

Richtung nächster Unterschlupf hervor, die diesen auch gut erreichte. Als aber<br />

die Nr.2 losstürmte, wurde sie im letzten Moment von einem der erwähnten<br />

Panzer beschossen. Durch sein Manöver aber, das er vollbracht hatte, um zu<br />

schießen, hatte der Panzer seine uns zugewendete Flanke mit der Raupenkette<br />

und ihren Rädern bloßgelegt.<br />

«Der ist dein!» rief ich Furtun\ zu, der sofort den anderen Haubitzen<br />

befahl, in Schießstellung zu gehen.<br />

Wahnsinnige P<strong>ro</strong>fis, unsere Kanoniere! Während der Panzer sich darein<br />

verbiss, das angeschlagene Haubitzengespann zu beschießen, auch nachdem<br />

dieses im Schutze des Steilhanges verschwunden war, lösten unsere Jungs mit<br />

rapiden und präzisen Bewegungen die Haubitzen von den Gespannen und<br />

richteten die Rohre auf den Panzerwagen aus. Auf den Befehl «Foc! Feuer!»<br />

trafen zwei der Geschosse den Panzer direkt in die Raupenkette und ließen ihn<br />

erstarren. Es folgten zwei weitere und noch welche und noch welche. Als wir<br />

dann zu schießen aufhörten, und der Rauch, der den Panzer einhüllte, etwas<br />

dünner wurde, sahen wir ein paar Silhouetten, die aus dem Panzer sprangen und<br />

sich davonmachten. Auch die anderen Panzer waren verschwunden, und „unser“<br />

Wagen stand unbeweglich da. Zweifellos hatten unsere P<strong>ro</strong>jektile ihn nicht<br />

durchschlagen, aber sie hatten sein Raupenkettenradwerk beschädigt und ihn<br />

lahm gelegt. Und ein lahm gelegter Panzerwagen ist ein toter Panzerwagen.<br />

Deswegen hat ihn auch seine Besatzung aufgegeben. Woraus zu schließen<br />

wäre, dass du, wenn dir ein Panzer seine Flanke anbietet, nicht nein sagen<br />

darfst. Der Preis dieser Lehre war jedoch sehr hoch: zwei Kanoniere vom<br />

Munitionswagen waren verletzt, einer recht ernst, zwei Pferde waren get<strong>ro</strong>ffen,

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