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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 518<br />

einem Sanitätswagen und übergab ihn dort. Und wir stiegen aus dem Zug,<br />

stellten uns in Kolonne auf und gingen zu den LKWs.<br />

Auf jeden Laster stieg jeweils auch ein Milizmann. Der „unsrige” allerdings<br />

hatte ein weniger feindseliges Gesicht und seine Pistole in der Pistolentasche.<br />

Nach etwa einer halben Stunde stellten wir fest, dass wir auf der Chaussee von<br />

Bukarest nach Alexandria waren, am Rande der Gemeinde Bragadiru, wo sich<br />

ein ehemaliges deutsches Lager befand, das aus Baracken bestand und in<br />

dessen Hof wir auch hinein fuhren. Wir stiegen von den LKWs und stellten uns<br />

auf. Ein paar Meter vor unserer F<strong>ro</strong>nt diskutierte eine Gruppe von Zivilisten und<br />

Militärs selbstverständlich über die Maßnahmen, die in unserer Hinsicht<br />

genommen werden sollten. Die Diskussion dauerte an, und die Sprecher standen<br />

mit dem Rücken zu uns, so dass wir Gelegenheit hatten, eine splendide<br />

Kollektion von dicken Nacken und breiten Rücken wohlgenährter Kerle zu prüfen.<br />

Es war die ganze Blüte der damaligen Securitate. Als ich jene Nacken<br />

betrachtete, bemerkte ich auf einem der Häupter einen Hut aus feinem Filz,<br />

dessen Krempe an der Rückseite eine äußerst elegante Beugung hatte, die mir<br />

plötzlich sehr bekannt, ja vertraut vorkam. Aber woher bloß?<br />

Umgehend führten mich die Erinnerungen in eine ruhige Vergangenheit, in<br />

ein elegantes und angenehmes Umfeld aus unserer wunderbaren Studentenzeit.<br />

Eine Diele im g<strong>ro</strong>ßen und schönen Haus eines Kommilitonen mit wohlhabenden<br />

Eltern. Ein wertvoller Kleiderständer, an dem unsere Hüte hingen, darunter auch<br />

jener vom Nacken vor mir. Wir bildeten eine Studentenclique, in ihrer Mehrheit<br />

rechtsgerichtete, vergnügungslustige Liebhaber von Schauspielen und<br />

Unterhaltungen, die wir uns manchmal bei diesem Gastgeber „Mamutu“, wie sein<br />

Spitzname war, trafen.<br />

Wenn ich wusste, dass Karten gespielt wurde, vor allem „Baccara“, und da<br />

ich nichts übrig hatte für diese Art Zeit und Geld zu verlieren, kam ich erst viel<br />

später, wenn die „Bank geknackt“ wurde, bloß um meine Freunde zu sehen. In<br />

der Diele prüfte ich jeweils amüsiert die am Kleiderständer hängenden Hüte, um<br />

nach Hutform und -farbe, vor allem aber nach der Linie Krempenbeugung darauf<br />

zu schließen, wer im Salon war. Nun gut, die ausdrucksvollste Beugung, die<br />

hinten die Krempe in einem spitzen Winkel enden ließ, war jene am Hute Tudor<br />

Sepeanus, fraglos identisch mit jener, die ich jetzt vor mir sah. Sollte dies denn<br />

Tudoric\, der Kumpel aus der Studentenclique sein, mit dem ich an so mancher<br />

lauten Unterhaltung mit Gesang und bacchischen Trinksprüchen (deren Echos<br />

auch in meine Operette Der Basar der Illusionen Eingang fanden, deren<br />

Aufführung in Oranki uns gleichermaßen Erfolg und Ärger einbrachte)?<br />

Aber ich verweilte hier, vor den Toren des Gefängnisses, nicht lange<br />

inmitten meiner Erinnerungen aus goldenen Zeiten, denn die<br />

Kommandantengruppe der neuen Zeit beendete ihre Konferenz, drehte sich um<br />

und kam auf uns zu, um uns zu begutachten, allen voran mein Dilemma, der<br />

Mann mit dem vertrauten Hut, und ja, zweifellos, es war Tudor Sepeanu. Dieser<br />

kam lächelnd zu mir und streckte mir die Hand entgegen. („Da reichte der Oberst

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