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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 32<br />

zum T<strong>ro</strong>tz – im gleichen Wahnsinnsrhythmus fort, bis die Panzersoldaten ob der<br />

g<strong>ro</strong>ßen Verluste erschraken, es aufgaben, die Stellungen dieser Wahnsinnigen<br />

anzugreifen und sich den Flanken zuwendeten, wo sie nicht auf so viel<br />

Widerstand stießen. Dabei waren sie sich auch dessen sicher, dass unsere<br />

Soldaten diese Stellung, die ihnen ja nicht mehr von Nutzen war, sowieso<br />

verlassen würden – sobald sie merken sollten, dass sich in ihrem Rücken der<br />

Kreis schloss.<br />

Was dann genau so auch kam. Nicht lange nach dem Rückzug der<br />

sowjetischen Panzerwagen erfolgte der Rückzugsbefehl. Eines aber blieb<br />

verwunderlich: achtzehn Panzer blieben rauchend inmitten unserer Stellungen<br />

zurück, achtzehn T34, die fortgeschrittenste Technik der Zeit war außer Gefecht<br />

gesetzt worden… Und womit? Mit diesem originellen Cocktail: Zeltplane +<br />

Roggengarben + Benzin + Blut. So haben die Rumänen am Donbogen<br />

gekämpft!<br />

Es war sehr spät geworden: Wir waren gezwungen, hier zu übernachten,<br />

unser Lager aufzuschlagen, die Haubitzen in Schießstellung zu bringen, zu<br />

Abend zu essen, das letzte warme Mahl, unsere Zelte aufzustellen und schlafen<br />

zu gehen, nicht bevor ich die Wachposten bestimmte.<br />

Unsere erste Nacht, in der wir dem Zufall überlassen und den Widrigkeiten<br />

des russischen Winters ausgesetzt waren. Die Müdigkeit und die nervliche<br />

Anspannung infolge all der Ereignisse sowie die völlige Unsicherheit, in der wir<br />

uns befanden, hatten uns fertig gemacht. Als ich mein Haupt auf den Rucksack<br />

legte, konnte ich als Gebet nur noch dies sagen: «Herr, tue Du, was wir nicht<br />

mehr tun können. Denn Deine Kraft zeigt sich in unserer Schwäche!»<br />

Als ich aufwachte, brach gerade der Tag an. Es hatte ruhig und reichlich<br />

geschneit. Soviel Stille und Frieden herrschte und so unberührt war der Schnee,<br />

dass es fast schien, als wären wir irgendwo in den Bergen beim Schifahren. Die<br />

Männer waren alle auf ihren Posten neben den Haubitzen und warteten auf den<br />

Tee, der in einem Feldkessel auf Rädern kochte. Die Haubitzen waren entlang<br />

eines Tales aufgestellt, die Rohre auf das Ufer gerichtet, an dem sich der<br />

Feldweg dahinschlängelte, auf dem wir heute Nacht gekommen waren. An<br />

diesem Ufer hatte ich, links und rechts von unserer Stellung, die beiden<br />

Maschinengewehre aufgestellt, über die wir verfügten. Am anderen Ufer hatte ich<br />

mich mit dem Fern<strong>ro</strong>hr und der gesamten Kommandogruppe aufgestellt, um die<br />

neblige Landschaft vor uns unter Beobachtung zu halten, während meine Leute<br />

ihren Tee tranken und sich für den Aufbruch vorbereiteten. Als plötzlich auf dem<br />

Feldweg von rechts ein Lastwagen mit g<strong>ro</strong>ßer Geschwindigkeit und brennenden<br />

Schweinwerfern (wohl des Nebels wegen) auftauchte und die Nasen meiner MG-<br />

Schützen mit dickem, schwarzem Rauch und dem unverwechselbaren Geruch<br />

russischen Benzins füllte. Dies veranlasste den MG-Schützen von rechts<br />

«Feindlicher LKW!» auszurufen, während der von links derart überrascht wurde,<br />

dass er im letzten Moment auf den Abzug drückte und in den Rauch und Nebel<br />

hinein, in denen das mysteriöse Vehikel sich bereits aufgelöst hatte, eine<br />

nutzlose Salve zu feuern. Der Schütze wandte sich zu mir mit einer Geste, die<br />

Machtlosigkeit und Entschuldigung ausdrückte. Das Ereignis an und für sich, so<br />

episodisch es auch gewesen, gab uns allerdings zu denken. Wenn die Wagen<br />

des Feindes nunmehr wie auf einem Boulevard vor unserer Nase spazieren

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