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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 36<br />

Schwerverletzten hatten wir in unsere Pferdewagen genommen. Als ich aber<br />

einen umgekippten Munitionswagen sah und daneben tote Kanoniere und<br />

Pferde, die von Schneeflocken zugedeckt wurden, kehrten meine Gedanken<br />

Jahre zurück, in das Haus meiner Kindheit, wo an einer Wand in einem<br />

vergoldeten Rahmen ein kleines und altes Gemälde hing, auf dem in einem<br />

ähnlichen Dekor wie der jetzige – umgekippte Kanone, verwundete und tote<br />

Grenadiere – Napoleon sich zu Pferd einen Weg heimwärts bahnte, mitten durch<br />

die Überreste des G<strong>ro</strong>ßen Heeres, das mit seiner Aufopferung dem vergötterten<br />

Kommandanten den Rettungsweg freihielt. Sollte dies denn auch unser<br />

Schicksal sein?<br />

Und wie ich so diesen meinen Überlegungen nachhing, schlich sich in<br />

mein Hirn, einem teuflischen Geiste gleich, der Gedanke ein, das wir alle, die wir<br />

hier dahinmarschierten, zu Fuß, zu Pferde und auf den Munitions- und<br />

Pferdewagen, ja sogar auf LKWs, dass wir alle ausnahmslos in dieser Lotterie<br />

des Schicksals das Los der Verlierer gezogen hatten, auf dem „aufgeopfert“<br />

geschrieben stand.<br />

Allein, für «wen» oder «wofür» wurden wir bloß aufgeopfert? Denn es war<br />

offensichtlich, dass diese Donarmee von Anfang an ein Opfer darstellte. Das<br />

konnte auch ein Kind erkennen. Die Entsendung dieser Einheiten auf Distanzen,<br />

die unsere logistischen Möglichkeiten bei weitem überschritten – woher auch die<br />

so prekäre Versorgung mit Munition, Lebensmitteln und Ausrüstung rührte –, die<br />

Aufstellung derselben entlang einer für unsere Deckungsmöglichkeiten<br />

kolossalen F<strong>ro</strong>ntlänge, dann das Fehlen von Antipanzerwaffen, von<br />

Panzereinheiten, ganz zu schweigen von einer Luftwaffe (und dies alles gegen<br />

einen Feind, der von Panzern, Menschen und Munition st<strong>ro</strong>tzte), all dies<br />

verurteilte uns von aller Anfang an zu einer katast<strong>ro</strong>phalen Niederlage. Sollte ein<br />

Militär wie der Marschall 24 sich all dessen nicht bewusst gewesen sein? Das<br />

glaube ich nicht. Welches sollte dann der weit liegende «höhere Grund»<br />

gewesen sein, wofür er uns Bauern auf einem Schachbrett gleich aufopferte?<br />

Wie gehabt, als um mich noch tiefer in diesen Marasmus von Verbitterung und<br />

Revolte zu stoßen, ritt Furtun\ heran.<br />

«Ich kann nicht schlafen. Muss ständig daran denken: Warum wohl mag<br />

Birc\ mich grauen Hund auf die Jagd nach dem Kommando der 9. geschickt<br />

haben? Was denn, wusste er nicht, dass ich in diesem Durcheinander keine<br />

Chance hatte, es zu finden?»<br />

«Dreimal sollten wir von MGs niedergemetzelt, zweimal von<br />

Panzerraupenketten zermalmt werden. Nur der Nebel, die Nacht und der Liebe<br />

Gott haben uns gerettet. Warum nur mag er dies gemacht haben?» Und nach<br />

einer Pause fuhr er fort:<br />

«Hier hast du auch meine Antwort: Um sich abzusichern, dass er seine<br />

Pflicht getan hat, indem er die Verbindung mit der Infanterie (durch mich) und mit<br />

der Division (durch S=mbotin) aufrechterhalten hat, um uns, mit diesen Alibis im<br />

Sack, einfach zurückzulassen und sich schnellstmöglich davonzumachen. Ich<br />

wette drauf, dass er jetzt jenseits des Donez ist, wenn nicht gar auf dem Weg<br />

24 Ion Antonescu (1882-1946), zu jenem Zeitpunkt Ministerpräsident und Oberbefehlshaber der<br />

Königlichen Armee.

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