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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 399
So etwa erschien der Lagerkommandant, in Begleitung seiner Suite und
der Gardesoldaten, höchstpersönlich bei uns. Er war kleinwüchsig und
gedrungen wie ein Dachs. In wenigen Worten, die er wie eine Maschine (ohne
Überzeugung, als wollte er gar nicht erst beachtet werden) runterleierte, teilte er
uns mit, dass die Obrigkeit das Problem unserer Repatriierung aufmerksam prüfe
und lösen werde… Trallala und trallali, bis dahin aber sollten wir den Streik
aufgeben… und ruhig auf die Order von oben warten.
Auf unsere ablehnende Reaktion hin, die ihn nicht zu überraschen und
auch nicht zu verärgern schien, verlangte er dem Adjutanten eine Liste, die er
langsam und mit Nachdruck vorlas, und diejenigen, die ihren Namen gehört
hatten (das waren etwa 15, 16 Mann, darunter auch meine nächsten Freunde),
forderte er auf, ihr gesamtes Gepäck zu nehmen und sich außerhalb der
Barackenumzäunung in einer Kolonne aufzustellen. Dies bedeutete Abreise aus
dem Lager, mit der Eisenbahn.
Dann las er eine zweite Liste vor, mit etwa 27 Namen (die restlichen
Streikenden), darunter auch meiner war, und wies uns an, bloß das
Notwendigste zu nehmen und uns vor der Baracke aufzustellen. Dies bedeutete
Karzer. Danach ging er und überließ es den Gardesoldaten, die Bildung der
beiden Gruppen zu überwachen. 169
Mit dieser Teilung unserer Gruppe hatten wir nicht gerechnet. Wir hatten
auf unsere Rechnung inklusive das Risiko genommen, in wer weiß welches
schreckliche Loch aus dem „Reich der Bestie“ verbannt zu werden, aber doch
alle, die wir diese Aktion angetreten hatten und nicht bloß ein Teil von uns. Da
wir zusammen so viele Grenzsituationen überstanden hatten, waren wir ein Leib
und eine Seele geworden, so dass wir diese Teilung nun wie das
Inzweischneiden eines lebendigen Organismus´ empfanden. In der Hetze der
Gardesoldaten, die uns wild schreiend aufforderten, endlich mit dem Gepäck aus
der Baracke zu treten, waren unsere Trennungen ein schweres Ding. Wie viele
sollte ich nie mehr wieder sehen, wie viele erst sehr viel später!
Gabi Constantinescu gab mir beim Abschied diskret eine Madonna, die
Hauptmann George Stoica, der ausgezeichnete Knochenbildhauer, geschnitzt
hatte. Gabi befürchtete, man könnte sie ihm bei der Durchsuchung abnehmen
und bat mich, sie für ihn aufzubewahren bis zu unserer nächsten
Begegnung…(diese fand 43 Jahre nach der Trennung statt… währenddessen
ich nicht mehr weiß, was mit der winzigen Madonna geschehen ist).
Unter Tränen wurden wir schließlich nach letzten Umarmungen
auseinander gerissen. Die einen wurden in einer Kolonne zum Tor gebracht, und
wir in den Karzer gesteckt. Der sich gleich vor dem Tor unserer Baracke befand
169 Die erste, die Liste derer, die ins Unbekannte aufbrechen sollten, umfasste folgende Oberste: Cezar
Hagiopol, Stelian Dimitriu, Grigu"! R!dulescu, Cojan; Majore: Costin Dumitrescu (das Kind);
Hauptmänner: Alexandru B!lan, Alexandru Buiculescu, Nicolae Bu"an; Leutnants: Nicolae Cojocaru,
Nicolae Ispas; Unterleutnants: Dumitru B!lan, Victor Clonaru, Gabriel Constantinescu, Liiceanu, Stelian
Petrescu, Ion Teodorescu, insgesamt 16.
Auf der Karzerliste standen die Obersten: Po#ulescu, Mar"ian, $tefanovici; Hauptmänner: Petre Dinescu,
Lungu, Petre Mote", Sporea, Romeo Vasilescu,; Leutnants: Clement Borcea, Vasile Stoenescu, Alexandru
Tr!istaru; Unterleutnants: Alexe, Dumitru Antonescu, Aurel Bi"an, Mircea Bl!naru, Burckhardt, Soso
C!tuneanu, Vasile Cotea, Cri#an, Ene, Ion L!z!rescu, Radu M!rculescu, Moisei (der Brummer), Pascu,
Popescu (der Theologe), Preotu, %ena, Mi#i Teodorescu (der Gitarrist), Dumitru Vonica. Insgesamt 29.