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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 29<br />

3. DEM ZUFALL ÜBERLASSEN, DEN WIDRIGKEITEN DES<br />

RUSSISCHEN WINTERS AUSGESETZT<br />

Die Pferdegespanne kamen, wir spannten sie vor die Haubitzen und die<br />

Munitionswagen und verließen in g<strong>ro</strong>ßer Eile die Stellung. Ein seltsames Gefühlt<br />

beherrschte uns. Es tat uns Leid um diese Unterstände, die wir mit soviel Mühe<br />

gegraben und gefestigt hatten. Als wir sie nun aufgaben, fühlten wir uns gleich<br />

Schnecken, die aus ihrem Gehäuse gerissen worden waren.<br />

Es hatte leicht zu schneien begonnen. Der Hauptmann, an dessen Seite<br />

ich Bügel an Bügel ritt, war schweigsam und deprimiert. Auf seine Weise war er<br />

ein sehr anständiger Mensch, besaß aber keine der Eigenschaften, die einen<br />

Karriereoffizier kennzeichnen, war er doch ein ausgeprägt typischer Bü<strong>ro</strong>krat.<br />

Und gerade zum ersten Mal an die F<strong>ro</strong>nt gekommen. Bis zu dieser für ihn<br />

erstmaligen Situation hatte er bloß bequeme und schön warme<br />

Verwaltungsstellen eingenommen, und wenn er nun diese F<strong>ro</strong>ntvariante<br />

akzeptiert hatte, so geschah dies selbstverständlich, damit ihn das Kriegsende<br />

nicht überraschte, ohne am Krieg teilgenommen zu haben, was sich für ihn<br />

nachteilig ausgewirkt hätte in Sachen «Auszeichnung» (die einige Vorteile mit<br />

sich brachte) und «Aufstieg».<br />

Leider hatte ein guter Teil der «Bü<strong>ro</strong>offiziere» dieselben Überlegungen<br />

angestellt und nahm infolgedessen innerhalb der «Schlachtordnung» der<br />

Donarmee Schlüsselstellen ein, welche Gewandtheit, Initiativgeist und Courage<br />

voraussetzten. Diese ihre Mankos sollten sich in der uns bevorstehenden<br />

Schlacht niederschmetternd herausstellen.<br />

Was unseren Mann betrifft, der Arme, ein anständiger Mensch, besaß<br />

keine einzige der oben erwähnten martialischen Eigenschaften und hatte sich bis<br />

dato, einem Dachs gleich in seinem Bau, auf dem so genannten<br />

Beobachtungsposten, wo er nichts zu tun hatte, versteckt und sich durch eine<br />

diskrete Abwesenheit von allen Entscheidungen der Batterie hervorgetan. Im<br />

Grunde genommen hatte bis zu diesem Moment S=mbotin das Kommando der<br />

Batterie gesichert, das er gerade ohne die geringste Widersetzungsgeste sich<br />

hatte wegnehmen lassen. Nun, da er auch Furtun\ weggegeben hatte, ahnte ich<br />

voraus – und ich sollte mich nicht täuschen – dass die gesamte Verantwortung<br />

dieses Kommandos auf mich fallen würde, und dies gerade jetzt, wo die Lage<br />

bitterernst geworden war.<br />

Bald darauf wurde aus den vereinzelten Flocken dichter Schneefall. Auf<br />

dem Feldweg, über den wir im Trab ritten, marschierten auch kleinere Gruppen<br />

von Infanteristen, die ihre Einheiten suchten und die wir überholten. Als plötzlich<br />

Gehupe und Scheinwerferlicht den Schneebildschirm durchbrach und ein<br />

massiver deutscher Lastwagen voller Soldaten auftauchte, der neben uns<br />

anhielt. Der Fahrer, ein <strong>ro</strong>thaariger Feldwebel 22 , öffnete das Wagentürfenster,<br />

grüßte und bat uns, näher zu kommen. Rechts vom Fahrer bemerkten wir die<br />

22 Deutsch im Original.

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