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Buch - bei Funker Felix

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in jedem normalen Hafen der Welt eben tut. Der zweite Offizier und ich wechseln uns am<br />

Brückengerät ab, in englischer Sprache, so wie sich das eben auch in jedem normalen Hafen<br />

der Welt gehört. Auf Kanal 16 bleibt eisiges Schweigen.<br />

Jetzt ich, auf russisch, das schon zehn Jahren in mir verschüttet ist: „ adjessa, dispatcher<br />

port, u menja wapros!“ und schwupp schon ist er da. Auf russisch natürlich!<br />

Wir können kommen, der Hafen ist leer. Was sonst, <strong>bei</strong> dem Eis.<br />

Kapitän Gustävel nimmt Anlauf mit seinem Dickschiff und bricht hinein in die Eisbarriere. Vor<br />

uns im Eis liegt ein kleiner Grieche namens „Diamanto“. Mit seiner schwachmotorigen<br />

Ausrüstung erwartet er das Tauwetter des Frühsommers. Wir tuten ihn an, der schnallt auch<br />

sofort und macht sein Waffeleisen juckig. Rauch steigt aus seiner Esse. Unsere gewaltige<br />

Masse prasselt ganz prächtig durch das zusammengeschobene Eis. Der Rudergänger<br />

schwenkt noch elegant das Heck des Tankers vor dem Steven von „Diamanto“, der kleine<br />

Dampfer quirlt auch mit allem was er hat, aber nach einer halben Kabellänge kommt er in<br />

unserem Fahrwasser im Eis doch wieder fest und schlägt sein Winterquartier wieder auf.<br />

Das war einfacher als es aussah. Kapitän Gustävels Risikobereitschaft wurde belohnt. Er<br />

bringt das Schiff wohlbehalten an die Pier.<br />

Nach dem Festmachen kommt auch der Lotse an Bord und läßt sich seine „Beratung“ quittieren.<br />

In der Nacht befällt das Schiff Blitzeis. Es verwandelt die Aufbauten in ein Märchenschloß.<br />

Der sofort gefrierende anhaltende Nieselregen macht aus meinen zehn Millimeter starken<br />

Antennendrähten armstarke Trossen. Die Leitern zu den Masten hinauf sind mit Zuckerguß<br />

überzogen und nicht begehbar. Die Antennen<strong>bei</strong>holer laufen nicht in den Blöcken. Es<br />

brechen unter der Last nach und nach alle Kupferdrähte und machen den Aufenthalt an Deck<br />

ziemlich gefährlich. Ich habe danach einen Tag zu tun, meine Antennen wieder zu flicken.<br />

152<br />

______________<br />

Hotel ODESSA ist der absolute Nobelschuppen am Ort. Klaus Völker, Klaus Görs und ich<br />

beehren das Haus mit unserem Besuch.<br />

Wir ergattern zu dritt einen Tisch, weil wir dem Einlaßdienst einen höherwertigen Rubelschein<br />

durch den Türspalt geschoben haben. Das ist rundherum im Sowjetland so Brauch!<br />

Ich glaube das steht auch so in der Verfassung.<br />

Der Muskat-Schampanskoje im Hotel kostet zwei Rubel sechzig Kopeken.<br />

Auf der Reeperbahn kostet er das Zwanzigfache, aber dafür spart man die fünf Rubel Schmiergeld<br />

<strong>bei</strong>m Einlaßdienst.<br />

Das Zeug schmeckt recht ordentlich und löscht prima den Durst. Nur etwas kälter könnte der<br />

edle Tropfen sein.<br />

Nach der ersten Pulle fragen wir den Kellner, wie viel Flaschen von der köstlichen Limonade er<br />

noch in der Last hat. So furchtbar viele sind es erwartungsgemäß nicht, wie kaufen vorsichtshalber<br />

den Bestand auf. Schließlich kann man ja mit sozialistischen Engpässen umgehen.<br />

Der Ober öffnet jede Schampanskoe-Flasche, indem er die überschäumende Eruption in der<br />

Übergardine am Fenster etwas dämpft. Völlig unüblich, verfügt das Lokal über derartige<br />

Fensterdekoration. Besonders in der Ausrüstung mit geschmackvollen Lampen und<br />

Gardinen gehen deutsche und russische Geschmäcker recht auffallend auseinander. Aber<br />

schließlich sind in einer Gastwirtschaft Gardinen und Lampenschirme nicht unbedingt zum<br />

Essen und Trinken zwingend erforderlich.<br />

Wir bitten den Ober, unsere gerade erworbenen Sektbestände kaltzustellen.<br />

Der dann zügig angelieferte Nachschub bestätigt den Vollzug.

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