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aber darauf, daß er die ihm dann zugestandene Verschnaufpause nicht über Gebühr ausdehnt<br />
und damit die Aussicht auf die Erringung des roten Wimpels für den Wettbewerbssieger<br />
für die nächsten 4 Stunden gefährdet.<br />
Die blaue Mütze des Verschütteten mit dem roten Stern wird später geborgen, wenn das jetzt<br />
gelockerte Gebirge in Säcke gefüllt ist.<br />
Die chinesische Seemannsbetreuung ist unwahrscheinlich aktiv. Wir verbringen zusammengenommen<br />
sieben Tage in Shanghai, da wir nach dem Anlaufen von Hsingkang für die<br />
Übernahme der Rückladung wieder zurückkommen. Sieben Tage lang rollt nun täglich um<br />
09.00 Uhr morgens ein Bus mit einem englisch sprechenden Dolmetscher an. „Was möchten<br />
sie sehen? Wir bieten ihnen dies, das und jenes.“ Mich fasziniert der Besuch einer kunsthandwerklichen<br />
Werkstatt.<br />
Die Handwerker dort fabrizieren Atemberaubendes, aus Papier, Knete, Holz und am<br />
beeindruckendsten aus Elfen<strong>bei</strong>n. Ich bewundere einen elfen<strong>bei</strong>nernen Maiskolben, mit einem<br />
hauchdünnen, abgeknicktem Blatt. So dünn, daß helles Licht durchscheint, aber eine<br />
Mittelrippe des vermeintlichen trockenen Blattes dennoch erkennbar ist. Auch eingeschnitzte<br />
seitliche Äderung ist täuschend ähnlich dargestellt.<br />
Wir werden einer Vorstellung der Peking-Oper zugeführt. Das ist wahnsinnige Artistik. An<br />
die Kalkwand neben der Bühne wird in senkrechten chinesischen Schriftzeichen mittels<br />
Projektor den Shanghai-Chinesen erklärt, was die Pekinesen auf der Bühne gerade vertellen.<br />
Beide Volksstämme verstehen sich nicht so ohne weiteres. Wohl so ähnlich wie in Deutschland<br />
die Friesen und die Bayern.<br />
Die Musik der Teufelsgeigen und das Geschepper in den höchsten Frequenzen läßt sich <strong>bei</strong><br />
allem Wohlwollen nicht bis zum Ende der vierstündigen Darbietung ertragen. Wir flüchten<br />
nach zwei Stunden.<br />
40<br />
Revolution und Jasmin-Tee<br />
Vor der Bewunderung der Kunstfertigkeiten der jungen Frauen und Männer in den Werkstätten<br />
hält deren big boss eine chinesische Begrüßungsrede. Unsere Begleitung übersetzt ins<br />
Englische, ich darauf ins Deutsche. Die Begrüßung zieht sich hin. Währenddessen knetet<br />
ein her<strong>bei</strong>gerufener Künstler als Kontaktgeschenke winzige Chinesenmännchen mit dennoch<br />
markanten und faszinierenden Gesichtsausdrücken. Ein Mädchen in blauer Wattejacke,<br />
blauer Mütze mit rotem Stern und schwarzem Bubischnitt serviert heißen Jasmin-Tee,<br />
der nähert sich im Geschmack destilliertem Wasser. Wer seinem Becher dennoch einen Schluck<br />
entnimmt, bekommt auf der Stelle nachgeschenkt. Um sich diesem Zeug zu entledigen, bringt<br />
also schnell austrinken überhaupt nichts. Ich mache in Shanghai von mehreren Besuchsangeboten<br />
Gebrauch, aber nie kann ich mich vor diesem merkwürdigen Begrüßungsgetränk<br />
drücken. Und jede, aber auch jede der obligatorischen Begrüßungsreden <strong>bei</strong>nhalten den ins<br />
englische übersetzten Satz: Before the revolution....war hier alles großer Mist - und after the<br />
revolution ist hier alles roger!<br />
Der große Mao hat alles gerichtet. Ich wende mich auf der Heimfahrt von solch einer Exkursion<br />
im fahrenden Bus an unseren Reiseleiter mit der Bitte, ob es wohl möglich wäre, mal<br />
nachzuschauen, wie so ein chinesischer Normalverbraucher mit der after the revolution<br />
dazu gewonnenen Lebensqualität klarkommt.<br />
Ich habe den Wusch gerade fertig formuliert, da wendet sich unser Reiseleiter stehenden<br />
Fußes an den Busfahrer und nach dem Kommando „zing ping peng um lei tung!“ hält der Bus