Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Bewachung des Schiffes und die Gesichtskontrolle der Besatzungsmitglieder ist fast die<br />
eigentliche Aufgabe eines Schiffes, einen sowjetischen Hafen anzulaufen. Als Beifang kann<br />
da<strong>bei</strong> auch gelegentlich Ladung angelandet oder abtransportiert werden.<br />
Ich komme mit MT WOLFEN, später mit MT ZEITZ und MT SCHWEDT noch sehr oft zu den<br />
Heinzis an die Schwarzmeerküste. Sogar recht gerne. Soviel wie ich in dieser Gegend<br />
geschmunzelt, aber auch bewundert habe, streicht mir mein Verleger wegen „fasse dich kurz“<br />
aus dem Manuskript.<br />
158<br />
Zu Gast <strong>bei</strong> „Steine & Erden“<br />
Im Wonnemonat Mai 1969 beende ich den Dienst auf MT WOLFEN nach elfmonatiger<br />
Fahrzeit. Bis zum November habe ich jetzt Urlaub. Ich denke mal, wohlverdient.<br />
Danach besuche ich mit MS RIESA die Staubkönigin am Apatitschütter von Murmansk.<br />
Bei 36° Celsius im Minus muß ich im fahlen Dämmerlicht des Polarwinters das defekte<br />
Antennengetriebe des Radargerätes reparieren.<br />
Ich ziehe alles an, was ich besitze und darüber noch den „Wachgänger“, den Schaffellmantel<br />
und ebensolche Handschuhe. Die eisigen Sprossen der Leiter zum Mast hinauf, fühle ich<br />
durch die dickfelligen Fausthandschuhe. Wenn die behandschuhte Hand die untere Sprosse<br />
wieder los läßt, um zur nächst höheren zu wechseln, knirscht es wie <strong>bei</strong>m Lösen eines<br />
Klettverschlusses. So ähnlich soll es ja klingen, wenn die Eskimofrau <strong>bei</strong> 40 Grad Minus die<br />
Binde wechselt.<br />
Nach Steine & Erden auf der RIESA fahre ich schnell einmal mit MS TRATTENDORF nach<br />
Kuba, Zucker holen. Rohzucker, der bergeweise in Matanzas in das Schiff geschüttet wird. In<br />
Rostock wird er bergeweise mit dem Greifer im Freien auf Halde geschüttet. Das spricht sich<br />
unter den Bienen rund um Rostock herum.<br />
Die fliegen nun zum bequemen Nahrungserwerb zu den Zuckerhaufen, statt sich mühsam mit<br />
dem Einsammeln von Pollen abzumühen. Die Imker sehen das aber nicht so gerne, weil der<br />
Kubazucker-Honig wohl nichts taugt.<br />
Nach dem kleinen Karibikabstecher besuche ich mit MS SENFTENBERG, dem legendären<br />
Mostrichhügel, wieder zweimal Murmansk.<br />
Dann kommt in Rostock mein Kumpel Jochen auf mich zu. Er soll demnächst mit<br />
MS THALE nach Brasilien abrücken. In Rio wohnt eine Schwester meiner Frau.<br />
„Fahr du die Reise“ sagt Jochen „und versuche am besten noch, deine Frau mitzunehmen!“<br />
Unser Inspektor in der Reederei segnet den Deal ab, Jochen fährt meine Fuhre und ich seine<br />
nach Brasilien. Einen Reisepaß hat meine Frau. Ich bringe die erforderlichen Unterlagen<br />
eigenhändig zu den Behörden und es geschieht das Wunder, meine Frau kann nach zwanzig<br />
Jahren Trennung in Brasilien ihre Verwandtschaft umarmen.<br />
Allerdings kann auch sie sich nicht über den atlantischen Äquator schmuggeln. Da ist man<br />
auf Frachtschiffen eigen und der Taufschein muß hart erar<strong>bei</strong>tet werden.<br />
Ich kann stellenweise gar nicht hinsehen, wie man mein Weib zurichtet.<br />
Nun mal eine ordentliche Äquatortaufe<br />
Nach diesen Gastrollen <strong>bei</strong> Massengut werde ich wieder bodenständig, für das nächste Jahr<br />
auf Tanker ZEITZ. Das ist mit 42000 Tonnen wieder ein Dickschiff mit viel Platz und<br />
geruhsamer Fahrt rund um Afrika, nach den Ölquellen des Persischen Golfes, aber auch nach<br />
Sardinien, Libyen, Ägypten, Libanon u.a.m.