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Frau Zech verpaßt am oberen Ende des Patienten ihrem Gatterich eine weitere Dröhnung,<br />
damit der Doktor Zeit hat, ganz intensiv und gewissenhaft, nach evt. doch noch verkrümelten<br />
Glassplittern zu suchen. Da<strong>bei</strong> droht ständig die Gefahr, daß <strong>bei</strong> der Hitze noch eine der<br />
verbliebenen Glühlampen explodiert.<br />
Dieser damalige Patient löst mich jetzt auf dem Schiff ab, er ist gut drauf und offensichtlich<br />
glasfrei.<br />
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Die langen Tankerreisen bieten ausreichend Gelegenheit, miteinander zu kommunizieren. Auf<br />
einem Schiff kann man auch nach der Schicht seinen Ar<strong>bei</strong>tskollegen nicht total aus dem<br />
Weg gehen. Auch an Wochenenden und Feiertagen hockt das „Ar<strong>bei</strong>tskollektiv“ ziemlich<br />
dicht aufeinander. An Land klebt einem der unangenehmen Ar<strong>bei</strong>tskollege oder Vorgesetzte<br />
wenigstens von Freitagabend bis Montagfrüh nicht wie Rotz am Ärmel. Auf See hockt man<br />
auf dichtem Raum zusammen und erzählt sich etwas. Aus den Erzählungen der Kollegen lernt<br />
man die Welt kennen, auch wenn man in dem Landstrich noch nicht gewesen ist. Da jeder<br />
langbefahrene Seemann auch etliches zu erzählen hat, lohnt sich auch das Zuhören.<br />
Der I.Ing. Ulli Stier fügt dem Sachgebiet Blinddärme eine weitere Karteikarte hinzu:<br />
„Ich habe <strong>bei</strong> der Entfernung meines Blinddarms zugucken dürfen! “<br />
Das gibt es doch nicht, wie das denn?!<br />
Sein Fruchtschiff holt am Horn von Afrika Früchte. In einem no-name Reede-Hafen in der<br />
Gegend von Mugdisho.<br />
An dieser Küste von Somalia muckert sein Blinddarm.<br />
Das ist natürlich die aller ungünstigste Ecke der Welt, seinen Blinddarm zu nehmen. Das<br />
macht man in der Nähe von Kapstadt, von den Azoren habe ich da auch nur Löbliches gehört<br />
und auf Hawai ist es auch einem DSR-Seemann geglückt.<br />
Ulli Stier, der arme Hund und sein Blinddarm, werden an Land zu einem sowjetischen<br />
Med-Punkt gebracht. Dort praktiziert ein russischer Doktor.<br />
Eine Morphium-Spritze oder so etwas ähnliches bekommt der Patient, ansonsten noch ein<br />
Beißholz zwischen die Zähne. Ulli schildert uns sein Erlebnis: „Ein paar kräftige Berber aus<br />
dem Dorf haben mich festgehalten, ich habe gejodelt was das Zeug hergab, aber ansonsten<br />
war alles roger“!<br />
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Ich habe auf See während meiner Tätigkeit zu duzenden Blinddärmen telefonisch über Rügen<br />
Radio, oft unter schwierigsten Verständigungsproblemen, den ärztlichen Rat eingeholt. Es<br />
läuft logischerweise immer auf das Gleiche hinaus, kühlen bis der Unterleib zersplittert und<br />
das muckernde Ding <strong>bei</strong> der nächsten Gelegenheit irgendwo anlanden. Es hat immer<br />
geklappt, keiner dieser überflüssigen Wurmfortsätze ist perforiert.<br />
Den weiblichen Besatzungsmitgliedern den Unterleib so extrem zu vereisen, ist aus Sicht der<br />
Professoren der Rostocker Uni-Klinik allerdings problematisch. Nach längeren Kühlperioden<br />
steht nach ärztlichen Bedenken die Betroffene vor der Alternative, Kinderwunsch oder<br />
perforierter Blinddarm.<br />
Sämtliche Blinddärme haben wir über die Runden gebracht, inwieweit die gekühlten Eierstöcke<br />
in ihrer Gene die Veranlagung zur Appendix-Entzündung weitergegeben haben, das<br />
entzieht sich meiner Kenntnis..<br />
Die kleinen Kaulquappen, zur männlichen Fortpflanzung, sind nachweislich unwahrscheinlich<br />
frostresistent.<br />
Auch Radarstrahlen aus nächster Nähe können die Biester ab, das kann ich bezeugen!<br />
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