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Seeleute gehören wohl zu der Berufsgruppe, die, auch wenn sie gelegentlich noch so heftig<br />
ihren Job verfluchen, nur ganz schweren Herzens davon lassen können.<br />
MS THEODOR KÖRNER ist ein schönes komfortables Schiff, in Sandefjord / Norwegen<br />
gebaut. Es transportiert vornehmlich aus dem Karibischen Raum und Ecuador Bananen für<br />
die Republik. Diesmal in Kartons, mit immer voll Schiff.<br />
Das ist nicht so eine belustigende Gurkerei, wie mit MS JOHN BRINCKMAN vor zehn Jahren<br />
nach Conakry.<br />
Nach Art des Hauses hüpft die leichte Banane natürlich wieder jeden Wellenberg hinauf und<br />
danach auch wieder hinab. Die Umstellung von meinem vorherigen Achtzigtausend-Tonner,<br />
mit dem sechs monatigen Zwischenstop an Land, läßt mich jetzt erst einmal wieder so richtig<br />
auskotzen. Danach geht es aber wieder reibungslos.<br />
Viel Wetter verbraucht viel Papier<br />
Kapitän Laasch ist der Stammkapitän des Schiffes und großer Fuchs in Wetternavigation.<br />
Es gelingt ihm immer in bewundernswerter Weise, unter Einsatz der 22 verfügbaren Knoten<br />
Marschfahrt des schnellen Schiffes, die Hurrikans auf dem Atlantik auszutricksen. Es gab<br />
Reisen, da füllten gleich drei solcher aktiver Wirbel die gesamte Wetterkarte aus. Die Rückseite<br />
von einem läßt sich eines Tages nicht ganz vermeiden. Wir erhalten einen Eindruck<br />
davon, wie es wäre, solch einen Wirbel ahnungslos in voller Breitseite abzufassen.<br />
Das Schiff ist mit dem sowjetischen Erfolgsmodell des Wetterkartenschreibers Typ „Ladoga“<br />
ausgerüstet. Bei seiner Installation wurden sechs Rollen des dafür nötigen Spezialpapiers<br />
mitgeliefert. Danach nie wieder. Viele Sturmtiefs verbrauchen viel Papier. Drei Hurrikane<br />
gleichzeitig verbrauchen den gesamten Bordbestand.<br />
Auf der Reede des Kolumbianischen Hafens Turbo liegt ein weißer Dampfer mit Werkzeug im<br />
Schornstein. Mit dem Glas identifizieren wir ihn als „Nikolai Kopernik“.<br />
Ich rufe ihn auf UKW und verbiege mir wieder auf russisch das Kreuz.<br />
Ich frage an, ob er für unser wetterzerzaustes Schiff ein paar Rollen „Pumaga“ für den<br />
Wetterkartenschreiber Typ „Ladoga“ übrig hätte.<br />
„Da moschno“ sagen die Freunde ohne zu zögern. „THEODOR KÖRNER“ läßt das<br />
Rettungsboot zu Wasser. Ich bekomme eine Begleiteskorte und von Marianne, der Oberstewardeß<br />
zwei Flaschen Wodka aus der Transitlast. Man kommt ja <strong>bei</strong> Freunden nicht mit<br />
leeren Händen zum Schnurren.<br />
Aus der langjährigen Erfahrung solcher Besuche verordnet der Kapitän: „Ein Matrose und<br />
ein Maschinenmann verbleiben nach dem Anlegen <strong>bei</strong>m Boot. Sie betreten maximal das<br />
Gangwaypodest des gastgebenden Schiffes!“<br />
Wir gehen mit vier Mann <strong>bei</strong> „Nikolai Kopernik“ an Bord und werden herzlich empfangen.<br />
Jeder wird von seinem sowjetischen Berufskollegen hereingebeten.<br />
Ich würde mich ganz gerne mal auf der Brücke und im Funkraum umsehen. Aber dazu kommt<br />
es nicht. In der Kammer des Funkoffiziers treffe ich noch auf den Chiefmate und den<br />
Politoffizier. Ich übergebe meine zwei Flaschen Schilkin-Wodka und frage nach Wetterkarten<br />
Papier für den „Ladoga“-Pisatjel oder so ähnlich.<br />
„Saditjes!“ lautet der strenge Befehl. Gläser stehen ohnehin schon auf der Back!<br />
Der Schraubverschluß der ersten Wodkaflasche ist gekonnt geöffnet, obwohl man da<br />
gelegentlich auch mal ein Taschenmesser benötigt, weil sich der Schraubverschluß mit dem<br />
Ring, der nach Öffnen an der Flasche verbleibt, gemeinsam dreht.<br />
Erst mal Sto Gramm zum warm machen. „Na sdarowije!“<br />
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