Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
des Schiffes und dem Versiegeln der Transitlast mit den Worten: „Captain, wir gestatten<br />
außerhalb der versiegelten Transitlast auf ihrem Schiff zwanzig Flaschen Schnaps und zwanzig<br />
Flaschen Wein! Beachten sie das gewissenhaft, morgen kommen wir filzen! Sie dürfen mit<br />
ihrem eigenen Boot an Land fahren, aber immer nur in Trupps zu zehn Mann.<br />
Mehr dürfen sich von ihrer Crew nicht gleichzeitig an Land befinden. Meckern sie nicht, sie<br />
kommen aus dem kommunistischen „Russian-Germany“. Die Russen dürfen <strong>bei</strong> uns gar<br />
nicht an Land!“<br />
Somit hat Kapitän Zieske zwei Probleme:<br />
a) 40 Flaschen Schnaps zu viel auf dem Schiff, die wir in das verschlossene Transit-Chap<br />
nicht wieder zurückführen können und<br />
b) den Landgang zu organisieren, um in der zweitägigen Löschzeit des Schiffes 63 Leuten<br />
das schöne Stückchen Ostasien näher zubringen.<br />
Der Kapitän löst das Problem für alle zufriedenstellend.<br />
Er erteilt nach dem Abendessen die Order: Der Politoffizier, alle nautischen Offiziere (außer<br />
dem Wachhabenden), der Doktor und die Funkoffiziere zu mir! Schnaps mitbringen!<br />
Alle technischen Offiziere, Decksmaschinist und Eisbär zum Chief! Schnaps mitnehmen!<br />
Die Decksgang zum Bootsmann, die Maschinengang zum Storekeeper. Wachen und Anschlußwachen<br />
ausgenommen! Schnaps mitnehmen!<br />
Die Zöllner kommen am nächsten Tag nicht filzen, sie hätten aber auch nur Restbestände<br />
außerhalb des von ihnen gestatteten Limits gefunden.<br />
Leider wurden am nächsten Tag die herrlichen Eindrücke des Tropenparadieses auf der<br />
schönen Insel Penang durch den generell vorhandenen Brummschädel etwas vernebelt.<br />
Diesen Brummschädel wieder loszuwerden, ist jetzt das weitere Problem. Es herrschen schließlich<br />
Temperaturen, die ich Außenseitern nicht schildern kann. Die alten Typ-IV-Freaks<br />
wissen, wovon ich rede.<br />
Das Schiff besitzt keine Klimaanlage!<br />
Auf See kühlt evt. der Fahrtwind die Temperaturen in den aufgeheizten stählernen Aufbauten<br />
auf ca. 36 Grad „herab“. Hier auf Reede, ohne ein Lüftchen, erreicht man diese erfrischende<br />
Temperatur durch das weit geöffnete Bulleye erst im Morgengrauen. Bis dahin hat ein<br />
jeder sein Bettlaken in der Koje <strong>bei</strong> 40 Grad schon zum nassen Strick gedreht und keinen<br />
Schlaf gefunden. Nach der konzertierten Schnapsvernichtungs-Aktion funktionierte die<br />
Pennerei zwar einigermaßen, aber der Kreislauf reißt am nächsten Tag <strong>bei</strong> den aufkommenden<br />
paarundvierzig Grad ermahnend die Arme hoch und macht dem Zecher schonungslos<br />
klar, daß Brennol die Klimaanlage auch nicht ersetzen kann.<br />
Der Kujambel-Verbrauch geht in die Hektoliter. Kujambel besteht aus dem Wasser des<br />
Trinkwassertanks, das mit dem Fruchtsirup von Schiffsversorgung etwas verbrämt wird.<br />
Einige Stücke Eis spendiert der Koch noch aus der Fischlast zur Verbesserung des erfrischenden<br />
Effekts.<br />
Schutzlos der Tropenhitze ausgeliefert zu sein, ist etwas Furchtbares. Gegen Kälte kann man<br />
sich mit entsprechender Kleidung schützen, in unerträglichen 40 Grad plus kann man auch<br />
noch die Badehose ausziehen und evt. die Watte aus dem Ohr nehmen, dann ist auch die<br />
letzte Möglichkeit erschöpft und man schmachtet weiter. Auch völlig unbekleidet. Am härtesten<br />
treffen solche Bedingungen auf dem Schiff die Maschinenwache. Die Jungens flüchten<br />
sich von Zeit zu Zeit triefend naß unter das Gebläse ihrer Lüfter.<br />
Als in solch einem Ansaugstutzen oben in den Masten eine verirrte Möwe zu Tode kommt<br />
und <strong>bei</strong> den üppigen Temperaturen sinnig vor sich hingammelt, mindern die eingebrachten<br />
37