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„Da hab ich mir ja eine Feile angelacht“, fluche ich vor mich hin.<br />
Damit beleidige ich das Schiff aber und entschuldige mich später. Der Bananenjäger schlägt<br />
sich tapfer in der See und schließlich gewöhnen wir uns so aneinander, daß mich die Reederei<br />
nach sechseinhalb Jahren gewaltsam von Bord zerren muß!<br />
Mit den Max und Moritz-Streichen dieser ganz besonderen Sorte Seefahrt möchte ich Sie auf<br />
den nächsten Seiten evt. zum Schmunzeln bringen. Ich danke Ihnen im voraus, daß sie weiter<br />
lesen.<br />
56<br />
Die Revolutionäre Volksrepublik Guinea<br />
Das Hauptjagdgebiet, in dem die <strong>bei</strong>den Fruchtschiffe nun Bananen aufstöbern sollen, ist<br />
die Republik Guinea, an der westafrikanischen Küste mit der Hauptstadt Conakry, 9 Grad<br />
über dem Äquator gelegen.<br />
Kein Mensch holt dort eigentlich Bananen. In Mittel- und Südamerika, auf den Plantagen der<br />
United Fruit Co. wachsen viel mehr und viel schönere. Die heißen Dole oder Chiquita, aber<br />
sie kosten wertvolle Valuta.<br />
Die paar Tönnchen Bananen, die wir in Guinea auftreiben, kosten faktisch nichts.<br />
Die Früchtelieferungen vermindern nur geringfügig die Schulden, die die Republik Guinea<br />
<strong>bei</strong> der DDR ständig auflaufen läßt.<br />
Am 28.Oktober 1958 klinkt sich die einst französische Kolonie aus dem französischen<br />
Commonwealth aus, bzw. die Republik Frankreich wünscht seiner ehemaligen Kolonie widerstandslos<br />
guten Weg.<br />
In Guinea nennt man das Revolution.<br />
Ahmad Sékou Touré ist nun Oberhaupt der „Revolutionären Volksrepublik Guinea“. Diese<br />
Revolutionäre Volksrepublik erkennt nun als erstes Land Afrikas die Deutsche Demokratische<br />
Republik diplomatisch an. Erich Honecker fühlt sich nun ganz furchtbar auf den Bauch<br />
geklatscht und karrt außer einem Haufen Diplomaten zehn Tausende Tonnen Danksagungen<br />
nach Conakry. Und wir nun, um diese einleitenden Erläuterungen abzuschließen, holen dafür<br />
als Gegenleistung ab und zu ein paar Stauden Bananen ab. Dafür hat sich die Reederei die<br />
<strong>bei</strong>den Fruchtschiffe zugelegt. Ich fahre ab jetzt in sechseinhalb Jahren 46 Mal nach Conakry.<br />
Auf nicht einer dieser Reisen, ist das Schiff voll abgeladen. Das wäre mit ca. dreitausend<br />
Tonnen Bananen der Fall.<br />
Bei einer Abladung mit über 1500 Tonnen, backen wir vor Freude schon Kuchen.<br />
Auf geht’s.<br />
Nach Auslaufen Rostock haben wir die rauhen Witterungsverhältnisse mit Südkurs durch<br />
die Nordsee, den englischen Kanal und die Biscaya auf Höhe Gibraltar generell überstanden.<br />
Unser Kurs hält auf die Kanarischen Inseln zu, vor<strong>bei</strong> an Gran Canaria. Bei besonders<br />
schönem Wetter und einem besonders gut gelaunten Kapitän Düerkop führt der Kurs auch<br />
gelegentlich an Tenerife vor<strong>bei</strong>. Dann sieht die Besatzung nicht nur den Schiffsschornstein,<br />
sonder auch den Pico de Teide rauchen. Das ist der Chefberg der Kanaren. Hier weht zwar<br />
äquatorwärts der Passat, aber der ist erträglich und schiebt von achtern.<br />
Nach dem Passatgürtel herrscht Stille.<br />
In dem ruhigen Wasser treiben Sepia-Schalen, von Tintenfischen abgeworfene Kalkrucksäcke.<br />
Blau-bunte Segelquallen ziehen lange Nesselfäden hinter sich.<br />
Gelegentlich schwimmt ein Hammerhai dicht unter der bleiernen Wasseroberfläche.<br />
Nach neun Tagen erreicht das Schiff mit 16 Knoten Fahrt Conakry. Die Ansteuerung bietet