Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ausbringen. Von achtern brummt ein rotes Flugzeug über uns hinweg und dreht leicht nach<br />
steuerbord ab. Der Pilot wackelt mit den Tragflächen und läßt eine rote Leuchtkugel fallen.<br />
Wir fahren jetzt mit vollster Maschinenleistung dem Flugzeug nach, aber das hängt uns<br />
dennoch ab.<br />
Schon bald haben wir recht voraus ein Echo auf dem Radar und sehen dann näherkommend<br />
das Malheur. Der holländische Kümo RANA hängt mit 60 Grad in einer hoffnungslosen<br />
Schlagseite. In seiner Nähe treibt ein kleines Schlauchboot mit einer Person besetzt, näher zu<br />
uns dümpelt noch ein Boot im mäßigen Seegang.<br />
Wir halten auf das Boot zu und fahren die Maschine herunter. Näherkommend zündet das<br />
Boot eine orangefarbene Rauchboje.<br />
Wir manövrieren dicht an die Schiffbrüchigen heran, haben deren Boot jetzt 30 Meter an<br />
unserer Backbord-Seite, da werfen die Deppen ihre Riemen ins Wasser und können somit<br />
nicht einmal die noch nötigen zehn Meter zu uns heranrudern, um ihnen eine Leine zuzuwerfen.<br />
Jetzt muß der Berg wieder zu dem Propheten kommen. Beim zweiten Anlauf erwischen wir<br />
sie, bzw. ein Leinenwurf glückt. Im Schiff ist noch Fahrt, die Bootsbesatzung belegt die auf<br />
gefangene Leine an einer Ducht (Sitzbank). Das Boot treibt nach achter ab und gerät hinten,<br />
in Propellernähe, unter die dort angeschweißten Ösen.<br />
Unser leichter, weißer Schwan dümpelt natürlich auch zwei bis drei Meter in der See und<br />
droht das Boot unter Wasser zu drücken. Das Schiff macht noch Fahrt und hat jetzt ziemlich<br />
dicht vor dem Steven die schlagseitige RANA zu liegen. Die braucht nur noch einen ganz<br />
kleinen Stüber, dann söffe sie ab und wir wären es dann gewesen.<br />
„Maschine zurück“ dröhnt es aus der Brücke. „Geht nicht, das Boot ist achtern am Propeller.<br />
Wir drehen die sonst durch,“ ist das Veto vom WO auf der Brückennock. Kapitän Düerkop<br />
schwitzt Blut und Wasser.<br />
Das Boot kommt frei, die <strong>bei</strong>den Propeller ziehen das Schiff zurück und die RANA kann noch<br />
zwei Stunden leben.<br />
Der Kapitän der RANA, die einzelne Person im Gummifloß, krabbelt wieder auf seinen<br />
havarierten Dampfer zurück. Damit wir uns den nicht unter den Nagel reißen.<br />
Wir ziehen das Boot jetzt ordentlich längsseits und fünf Mann springen schon von zwei<br />
Metern Abstand an unsere gut bestückte Bordwand. Die ausgebrachten Netze und Knotentaue<br />
bewähren sich jetzt. Es gibt nur einen Rippenbruch.<br />
Alles roger!<br />
Ich hielt die koordinierende Küstenfunkstelle ständig auf dem Laufenden. Jetzt melde ich die<br />
Bergung der fünf Leute. Es folgt zwangsläufig die Frage nach der Besatzungsstärke. Ich<br />
brülle zum Hauptdeck runter: „Bringt mir mal jemanden hoch!“ Der Chiefmate der Holländer<br />
kommt, eine Decke umgehängt und einen Topf heißen Tee in der Hand. Der Mann sieht aus,<br />
wie ein geschminkter „Oranje“-Fußballfan. Die Jungens haben aus ihrem Boot die orangige<br />
Rauchbombe in Luvseite geworfen und sich gleichzeitig auch noch ihrer Ruder entledigt.<br />
Nun wurden sie alle rauchumwabert und hatten nichts mehr in den Händen, um diese Misere<br />
zu ändern.<br />
Ich interviewe den Mann kurz. Jetzt kann ich der Leitstelle alle Angaben rüberhämmern, die<br />
sie benötigt.<br />
Dann versuche ich mit der RANA auf Sprechfunk zu kontaktieren.<br />
Der Kapitän harrt ja nun nach seiner reumütigen Rückkehr dort drüben wieder aus. Ich rufe<br />
das Schiff auf Sprechfunk. Der holländische Chiefmate tippt mir auf die Schulter und meint in<br />
diesem herrlichen Holländer-Deutsch: „Mötst du nit rufe, der antwortet dich niet. Der dreiht<br />
jetzt die Ventilen auf!“<br />
91