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Buch - bei Funker Felix

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Im „Helgoland“ ist Sommernachtsball. Die „Schaulers“, wie uns die Eingeborenen nennen,<br />

sind mit einer Abordnung von 16 Mann an drei oder vier Tischen vertreten.<br />

Auf der Bühne läuft ein Quiz ab. Ich bin einer von drei befragten Kandidaten. Der erste Preis<br />

ist ein Bildband über Fischland und Darß, der zweite eine Flasche Rotwein.<br />

Meine Kumpels drohen von unten mit den Fäusten zu mir herauf: „Wag dich ja nicht mit dem<br />

komischen <strong>Buch</strong> zu uns herunter, trag gefälligst die Flasche Wein ab!“<br />

Ich stehe vor der letzten Frage des Quiz-Masters und hauchdünn vor dem „komischen<br />

<strong>Buch</strong>“ und die letzte Frage lautet: „Nennen sie ein Musikinstrument aus Ton!“ Ich sage<br />

vorsichtshalber „Tonband“, der Saal jodelt und ich ergattere die Flasche Wein.<br />

Das ist Grund zum Zusammenrücken der vier Tische, die sich fest in der Hand der „Schaulers“<br />

befinden. Wir trinken zu sechzehntens die Flasche Wein aus.<br />

Die Kapelle versucht zum Tanzauftakt den River-Quai-Marsch mit der darin enthaltenen<br />

Pfeifeinlage. Wir pfeifen allesamt diese Passage mit, aber so herzzerreißend falsch, daß sich<br />

draußen der Hund mit der Hütte schüttelt. Die Kapelle kommt völlig aus der Tonlage, da die<br />

Bläser unserer Partitur folgen. Statt die Dussels nun ersatzweise ein anderes Stück zur Aufführung<br />

brächten, so brechen sie vier oder fünfmal den besagten Marsch ab, um ihn kurz<br />

darauf neu zu intonieren. Und immer fallen wir 16 Pfeifen, mit unseren eigenen Interpretationen<br />

ein, wie die Türken in Wien. Der Leiter des gepflegten Hauses bittet uns zu gehen, dazu<br />

verspürten wir aber noch keine rechte Lust.<br />

Am nächsten harten Studientag erfolgt die Lautsprecherdurchsage. Der stellvertretende<br />

Direktor bittet: Die Herren zu sich, die gestern im „Helgoland“ <strong>bei</strong>m Sommernachtsball<br />

zugegen waren.<br />

Alle treten an. Ist doch Ehrensache.<br />

Herr Knauf zückt als Notizblock seine Zigarettenschachtel der Marke „Jubilar“ und notiert<br />

für den Vorrats-Zeitraum seiner 15 Zigaretten die Namen der Angeklagten: „Pflaume“, „Maul“,<br />

„Draht“, „Übel“ „Flegel“ (als wie ich), um nur fünf Kuriositäten zu nennen. Ermahnend meint<br />

er abschließend, daß wir unwahrscheinliches Schwein hätten, daß der Chef, Direktor<br />

Schirdewahn, gerade nicht zugegen sei.<br />

Die „Schaulers“ haben daraufhin wieder ein halbes Jahr Hausverbot im „Helgoland“. Das<br />

haben sie umschichtig in einer der Wustrower Gastronomitäten ständig.<br />

Im Dachgeschoß der Reuter-Schänke schläft eine Kurgästin. In dieser lauen Sommernacht<br />

<strong>bei</strong> offenem Fenster. Wir umschiffen als Spätheimkehrer einen zum günstigen Sommerpreis<br />

hier abgekippten Briketthaufen.<br />

Nur um die Wirkung der genossenen berauschenden Getränke zu testen, werfen wir ein<br />

wenig von den Kohlen in das offene Fenster und treffen die Öffnung bemerkenswert gut. Die<br />

Urlauberin bemerkt das auch, obwohl wir generell nur halbe Brikett verwenden.<br />

Auf dem weiteren Heimweg zum Internat ziert ein in Bronze gegossener Jüngling auf einem<br />

Sockel ein bemerkenswertes Grundstück mit schönem Rohrdach-Katen. Der Jüngling ist<br />

unbekleidet und hält in vorgestreckter Hand eine Schale in die Landschaft. In diese kacken<br />

wir hinein, obwohl sie sich ca. 1,80 Meter über der Erde befindet. Das ist artistisch sehr<br />

schwierig zu bewältigen und geht nur mit Räuberleiter, wo<strong>bei</strong> der Untermann auf die Treffsicherheit<br />

des Obermannes vertrauen muß.<br />

Jetzt steht es fest, der Wirt muß vorher unsere geistigen Getränke heftig verdünnt haben.<br />

Das kleine bronzene Pimmelchen des Jünglings verzieren wir mit einem Kondom aus<br />

„H. Kästners diskretem Versand.“<br />

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