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gerne mit den freundlichen Veranstaltern teilen möchten. Es ist eine ‘open air’-Veranstaltung,<br />
was sonst.<br />
Wir bekommen sogleich ein Brett als Sitzgelegenheit aufgestellt und schauen dem Treiben<br />
zu. Die Susu-Mädchen haben ein unwahrscheinliches Rhythmus-Gefühl und legen sagenhafte<br />
Stakkatos auf dem Lehmboden des Dorfplatzes hin.<br />
Ein Mädchen bringt uns in einer Blechbüchse Wasser. Ich kenne die Herkunft. In dem zwar<br />
sauberen Wasser des Tümpels habe ich schon oft die bunten Fischchen, die Kaulquappen<br />
und die bizarren Wasserpflanzen bewundert. Uns europäischen Weichwürsten bekommt ein<br />
solches Trinkwasser überhaupt nicht. Aber auch der Afrikaner holt sich hier seine Bilarziose,<br />
die Elefantiasis oder den Medina-Wurm.<br />
Wir haben ja Bier mitgebracht.<br />
Jetzt kommt das schlanke, kerzengerade Mädchen und verteilt Erdnüsse.<br />
Der Dorfälteste mit dem roten Fez mit Bommel und dem schneeweißen Nachthemd hat ihr das<br />
befohlen.<br />
Jedem von uns schüttet sie die hohlen Hände bündig voll.<br />
Wir bekommen auf dem Schiff jede Reise die gesundheitserhaltenden Verhaltensregeln eingehämmert:<br />
„Im Süßwasser lauert der Ursprung allen Übels. Das ist in dieser Gegend nicht<br />
einmal zum darin baden geeignet! Früchte unbedingt abschälen! Hände waschen, möglichst<br />
pausenlos!“<br />
Die an uns verteilten Erdnüsse sind geschält, aber sie umhüllt noch das dünne braune<br />
Häutchen. Das akzeptieren wir ersatzweise als Schale.<br />
Schließlich können wir die vom Herzen kommende Gastfreundschaft doch nicht ständig mit<br />
Füßen treten.<br />
Ich kenne die Verhältnisse der Dorfbewohner, die schwelgen alle nicht im Überfluß. Wir<br />
pipsern also die dünnhäutige Schutzschicht von den Nüssen und beginnen den Verzehr.<br />
Das Abpipsern muß dem Häuptling aufgefallen sein. Wahrscheinlich ißt er immer das dünne<br />
braune Häutchen mit, aber, um uns alles recht zu machen, schickt er das Mädchen wieder in<br />
die Spur. Sie sammelt alle unsere Nüsse wieder ein, rubbelt nebenan die gesamte Ladung<br />
zwischen ihren Händen und teilt nun auf’s neue die blankgeputzten Nüsse wieder aus.<br />
Die freilaufenden Zwerghühner haben am nächsten Tag ihre üblichen C-Eier bestimmt auf<br />
B-Größe hochgejubelt.<br />
Auf dem Festplatz werden die vielfältigsten Rhythmusinstrumente und Teufelsgeigen<br />
strapaziert.<br />
Die Mädels können auch glockenklar singen.<br />
Ich habe sie vor zwei Reisen vor einem kleinen Tonbandgerät so weit gebracht, daß sie auch<br />
am hellen Tag, ohne Dorffest, losschmettern. Diese journalistisch ausgefeilte Reportage<br />
brachte mir <strong>bei</strong>m Sender Rostock hundert Mark ein, d.h. achtzig, zwanzig Märker behielt die<br />
Steuer.<br />
Aber heute abend dreschen Männer auf die Tam-Tam’s. Tanzend schaffen sich eigentlich<br />
nur die Mädels. Sie tanzen barfuß und oben ohne. Bei den Dreizehn-, Vierzehnjährigen ist das<br />
sehr schön anzuschauen. Die Männer halten sich <strong>bei</strong>m ‘dancing’ vornehm zurück.<br />
Die Situation eskaliert, höchste Alarmstufe! Jetzt zerren ersatzweise die wilden Ischen uns<br />
von der Bank. Mein Wirbelwind trommelt vor mir auf dem Lehmboden und hüpft mit den<br />
elegantesten Sprüngen um mich herum, wie eine schlanke Gazelle um einen schlafenden<br />
Nilpferdbullen. Da<strong>bei</strong> pfeife ich auf dem letzten Loch, schließlich bewege ich auch ganz<br />
enorm rhythmisch alle verfügbaren Glieder. Bis auf eins. Ich zelebriere als Multi-Kulti-Beitrag<br />
eine nordische Variante des Schuhplattlers, oder so.<br />
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