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Mit der deutschen, wesentlich eleganteren Ausdrucksform vervollkommne ich nun meine<br />
eigene, doch recht holprige Übersetzung.<br />
Ganz verbissen gesehen, könnte man auch behaupten: Ich schreibe nun die etwa dreißig<br />
Seiten französischen Text aus den französischen Handbüchern ab und den deutschen Text<br />
aus den deutschen Handbüchern. Da ich alles ja vorher schon handgemacht übersetzt hatte,<br />
betrachte ich das nur als ganz kleinen Beschiß.<br />
Stolz wie ein spanischer Grande, werde ich nach Abschluß der Reise <strong>bei</strong> der „Teutschen<br />
Post“, Hauptabteilung Seefunk, wieder vorstellig. Schade, daß es keine Eins plus in der<br />
Zensurenordnung gibt, schließlich hätte ich den Ehrentitel „Verdienter Dolmetscher der<br />
Seeverkehrswirtschaft“ oder so, verdient.<br />
Mein Werk ist ordentlich gebunden. Weißes, holzfreies Papier, tipfehler- und tipex-frei.<br />
Ich fasse dafür als Bewertung „mangelhaft“ und einen Rüffel ab.<br />
Meine deutsche Übersetzung, also der (abgeguckte) amtliche Text des Deutschen<br />
Hydrografischen Institutes Hamburg, enthält zahllose rote Korrekturen.<br />
„Hier zum Beispiel“ schilt mich Postoberinspektor Moldenhauer, „übersetzen sie ‘Feuerträger’,<br />
nur weil es im französischen ‘porteur de feu’ heißt. Man muß so etwas freier,<br />
praxisnäher übersetzen, das heißt im deutschen „Leuchtturm“. So hatte es der korrigierende<br />
Sprachwissenschaftler rot an den Rand geschrieben. Oder hier: „Die Kennung der ‘Tonne’<br />
ist Blitzgruppe .... ‘Tonne’! ..... So was heißt in deutscher Sprache „Boje“!<br />
Ich laufe rot an!<br />
„Herr Moldenhauer“, ich hole Luft, „Bojen markieren evt. im Rostocker Flußbad das Revier<br />
für die Nichtschwimmer oder dienen zum Festmachen eines Angelkahnes. Kapitän Düerkop<br />
hat sich auf MS BRINCKMAN nach Tonnen orientiert.<br />
Nach Begrenzungstonnen, Wracktonnen, Fahrwasser- und Ansteuerungstonnen.<br />
Und im Mangrovenbusch der kubanischen Pinos-Insel oder der Ansteuerung von Nuevitas<br />
steht kein pompöser Leuchtturm sonder ein Feuerträger. Ein Gittermast oder nur ein Pfahl.<br />
Der trägt ein Festfeuer oder eins mit Blitzgruppe. In französisch ‘porteur de feu’ (Träger des<br />
Feuers) und im seemännischen Amtsdeutsch ‘Feuerträger’.“<br />
Jetzt hole ich wieder Luft.<br />
In der Hauptabteilung Seefunk kann kein Schwanz französisch. Aber im großen Hauptpostamt<br />
kann einer. Der ist zuständig für Briefmarken in kleinen Mengen und die Entleerung der<br />
Brieflocher. Am Sonntag war er in Warnemünde spazieren und sah im alten Strom Bojen und<br />
neben dem Teepott den großen Leuchtturm.<br />
Am Montag hat er dann „meinen“ amtlichen Text des Deutschen Seehydrografischen Instituts<br />
(DHI) kräftig korrigiert und ihm auf Grund seiner Wochenendbeobachtungen ein „mangelhaft“<br />
verpaßt.<br />
Meine Fleißar<strong>bei</strong>t beurteilten Juroren, die von dem, was sie sich zu Bewerten anmaßten,<br />
keinerlei Ahnung hatten.<br />
Meine Ar<strong>bei</strong>t wird dennoch großzügigerweise anerkannt. Die Benotung ist mir schließlich<br />
auch ‘togal’. Reisen später liefere ich dann auch noch meine Ar<strong>bei</strong>ten in Technik und Betriebskunde<br />
ab. Dann trete ich zur mündlichen Verteidigung zwecks Erwerbs des Funkzeugnisses<br />
I. Klasse an. Just mit mir zusammen wird aber der Prüfungskommission ein Funkverstoß<br />
reingereicht. Douglas/Arizona hatte mich „loud and clear“ viel zu lange auf Kurzwelle im<br />
Pazifik hämmern hören, nur Rügen Radio eben nicht. Man darf nicht pausenlos seine Heimatfunkstelle<br />
rufen, weil diese ‘Wooling’ auf der Welle den Nachrichtenverkehr beeinträchtigt.<br />
„Flegel, kommen sie in zwei Jahren wieder, dann werden wir weiter sehen,“ sagt der gestrenge<br />
Postoberrat Moldenhauer.<br />
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