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keine Probleme. Der Hafen ist offen, es ist ja ständig schönes Wetter.<br />
Ein paar Kabellängen vor den Piers werfen wir den Haken in den Grund, setzen das Flaggensignal<br />
„Lotse erwünscht“ oder tuten eben hektisch herum. Funkverbindung zu den Hafenbehörden<br />
existiert nicht. Das Verzeichnis der Küstenfunkstellen führt zwar eine Küstenfunkstelle<br />
„Conakry Radio“, weist auch ständig korrigiert deren Wachzeiten und Frequenzen<br />
aus, aber auf 46 Reisen in diese Gegend, habe ich diesen Sender nicht ein einziges Mal<br />
piepsen gehört.<br />
Alle Telegramme nach Conakry schicke ich über die Küstenfunkstelle „Dakar Radio“<br />
im Senegal oder Abidjan in Elfen<strong>bei</strong>nküste. Die <strong>bei</strong>den Länder hatten bisher noch keine<br />
Revolution.<br />
Wir liegen auf Reede und schauen mit dem Fernglas hinüber zur Bananenpier und den<br />
angrenzenden Fruchtschuppen. Wenn man zwischen den Stützen im Schuppen hindurch<br />
sehen kann, ist er leer. Das ist die Standardsituation, zugestaute Stützen sind der Sonderfall.<br />
Captain, no ‘bakschisch’?<br />
Nach „Fall Anker Reede Conakry“ kommt ziemlich schnell Besuch zum Schiff herüber, aber<br />
nur um nachzuschauen, was der Kapitän so für Präsente mitgebracht hat. Die Größe, der<br />
vorab verteilten Kontaktgeschenke, bestimmt dann ganz erheblich den weiteren Gang der<br />
Dinge.<br />
Gerade in diesem Punkt haben die Kapitäne unüberwindliche Schwierigkeiten, den Landeiern<br />
der Reederei klarzumachen, daß mit einer Kiste Whiskey, für zwar fünfzig Mark wertvolle<br />
Valuta, die Hafendurchlaufzeit sehr oft um Tage verkürzt werden könnte.<br />
Das ginge nach Reederei-Auffassung aber nur, wenn der damit Bestochene bzw. Beschenkte<br />
eine notariell beglaubigte Empfangsbestätigung <strong>bei</strong>bringt. Besser noch, sie würde vom<br />
Botschafter der DDR gegengezeichnet. Wird dem Reeder diese Bescheinigung nicht vorgelegt,<br />
bestünde ja die Möglichkeit, daß der Kapitän vorgibt, sechs Flaschen Whiskey zum<br />
Wohl der Volkswirtschaft ausgegeben zu haben und davon aber eine für sein eigenes Wohl<br />
behält. Diese verbohrte Engärschigkeit kostet dem DDR-Außenhandel eine Menge Millionen<br />
wertvolle Valuta.<br />
Andere Reedereien schmieren in jedem Hafen auf Teufel-komm-raus, jeden, der für die schnelle<br />
Abfertigung ihres Schiffes auch nur die Bohne eines Einflusses hat. Das kostet nicht unbedingt<br />
Unsummen, erspart aber unter Umständen die Ausgabe solcher Beträge.<br />
Kurz eingeflochten,<br />
ein Beispiel für die geschilderte Engstirnigkeit der Deutschen Seereederei: Ein Typ-IV-<br />
Schiff, wie die vorher abgehandelte DRESDEN macht sich für die Suez-Kanal-Passage<br />
fertig. Demzufolge stehen dem Kapitän im Hafen von Port Said Behördenbesuche ins Haus.<br />
Die Besucher kommen nicht mit leeren Händen, aber mit leeren Taschen in diesen. Die<br />
Taschen schlenkerten aber immer noch leer und luftig, als die Officers die Gangway wieder<br />
hinabsteigen.<br />
Der Kapitän ist ein ganz redlicher. Er vergattert vor Port Said seine Besatzung: „Keiner<br />
verbirgt irgendwelche Konterbande, alle Listen und Papiere werden absolut korrekt ausgefertigt.<br />
Sollen die uns doch filzen, wir sind sauber. Von uns kriegen die kein Bakschisch!“<br />
Ein Muster an Korrektheit passiert den Suez und hat der Reederei noch dazu mindestens<br />
80 Mark Unkosten für Geschenke eingespart.<br />
Arabische Gastfreundschaft wurde mir immer so nahegebracht, daß der Gast dem Gastgeber<br />
auch ordentlich etwas mitbringt.<br />
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