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Die diensthabende Studentenabordnung, die allmorgendlich <strong>bei</strong>m Bäcker Dähn die Brötchen für<br />
die Seefahrtschule im Wäschekorb abholt, schmettert die Neuigkeit morgens in die volle Mensa.<br />
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Eines schönen Studientages haben sich per Lautsprecheranordnung alle Seefahrtschüler,<br />
die den Vornamen Klaus tragen, auf dem Hof einzufinden und in Reihe aufzustellen. Diese<br />
Formation von über einem Dutzend „Kläusen“ schreitet jetzt „Pistole“ (der Wustrower ABV)<br />
und eine dickliche Kurgästin ab. Die Dame ist diesbezüglich <strong>bei</strong> „Pistole“ vorstellig geworden,<br />
weil sie angeblich von einem Seefahrtschüler namens Klaus unsittlich oder unbefriedigend<br />
behandelt worden wäre.<br />
Aber auch dieser Lokaltermin verläuft für die Urlauberin unbefriedigend und „Pistole“ kann<br />
ihr auch nicht weiterhelfen. Der mutmaßliche Sexualverbrecher kann unter den angetretenen<br />
„Kläusen“ nicht gestellt werden. Diese dürfen daraufhin mit deplaziertem Grinsen wieder<br />
einrücken.<br />
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Jeden Montag ist für alle Studenten aber ausrücken unumstößliche Pflicht:<br />
Antreten zur vormilitärischen Ausbildung.<br />
Der ganze Zivilistenhaufen eiert dann, bewaffnet mit einem Spaten, in hirschlederner<br />
Seppelhose, in Jeans oder Knickerbockern, wie es ein jeder für angebracht hält, auf dem<br />
Fischland umher, um mit den da<strong>bei</strong> antrainierten Fähigkeiten den Klassenfeind und den<br />
Bonner Ultras das Fürchten zu lehren. Patenschaftlich betreut wird für diese Aufgabe unsere<br />
Schule von dem Leutnant nebst 10 Mann, die auf der Ahrenshooper Signalstation von ihrer<br />
Steilküste aus ständig die aggressiven Machenschaften des Klassenfeindes auf Fehmarn<br />
und Bornholm im Auge haben.<br />
Wir bitten die Genossen innerhalb der patenschaftlichen Betreuung um einheitliche Klamotten,<br />
abgelegte Bordpäckchen oder Kieler Knabenanzüge, damit wir <strong>bei</strong> unseren militärischen<br />
Aufmärschen nicht daherkommen, wie der „Warneminner Ümgang“.<br />
„Das geht seinen sozialistischen Gang, Genossen!“ versprechen die Genossen und unser<br />
bunter Haufen dackelt Montag für Montag weiterhin als solcher über das flache übersichtliche<br />
Fischland.<br />
Die Genossen unserer „Pateneinheit“ interessieren sich wohl mehr für die nicht vorhandene<br />
Bekleidung der Badenixen am Effi-Strand unter ihrem Ausgucksturm, als die ebenfalls nicht<br />
vorhandene Kleidung <strong>bei</strong> uns.<br />
Wir bilden eine Selbsthilfegruppe.<br />
Diese bestellt in der <strong>Buch</strong>handlung Möller für unsere zwei <strong>Funker</strong>kompanien 35 Kieler<br />
Knabenmützchen in kreppapieriger Faschingsausgabe mit zwei Bändern und dem Aufdruck<br />
„Marine“ auf dem Stirnband. Nach dem Eintreffen der bestellten Sendung stehen zwei Kompanien<br />
im herrlichen Einheits-Look mit Spaten und Kieler Knabenmütze besonders akkurat<br />
aufgereiht vor dem Schulgebäude. Bereit zum Befehlsempfang und Abmarsch. Bereit zur<br />
Verteidigung des Vaterlandes und unserer Errungenschaften. Selbst Egon steht stramm, mit<br />
Händen an der Lederhosen-Naht.<br />
Wenn die expandierende Flotte in zwei Jahren uns bis dahin ausgebildete Kader nicht so<br />
dringend nötig hätte, wir hätten schon am nächsten Dienstag alle samt unsere studentische<br />
Karriere an der Wustrower Kaderschmiede beenden dürfen. Die Reaktion auf unsere<br />
hübschen Bändermützchen ist beeindruckend. Die berufsmäßigen Beschützer der zu verteidigenden<br />
Errungenschaften verstehen gemäß des Ernstes der zu bewältigenden Aufgabe<br />
keinen Spaß.<br />
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