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Siggi hat an dem warmen Tropenabend die Wache, wir stehen zusammen auf der Brückennock.<br />
Die Gang unten auf dem Hauptdeck will Haie angeln. Zu diesem Zweck werden Sonnenbrenner<br />
über die Wasseroberfläche gehängt, unter deren Schein sich große und kleine<br />
Fische tummeln. Dwarslöpper (Taschenkrebse) lassen sich leicht mit nur einem Stück Wurst,<br />
am Faden auf die Wasserlinie herabgelassen, an Deck holen. Sie hauen gierig ihre gefräßige<br />
Schere in die Wurst und wollen diese nie wieder hergeben. Auf JOHN BRINCKMAN hakelte<br />
dann die Katze nach ihnen, bis sich einer an der Katzenpfote festklammerte, bis sie ihn, auf<br />
das Eisendeck donnernd, klappernd mühevoll wieder abschüttelt.<br />
Der Storekeeper sammelt die solcherart „geangelten“ Tiere in einer Bleckpütz und kocht sie<br />
dann mit dem Schweißbrenner. Sie sind von geringem lukullischen Wert.<br />
Keiner bekommt einen Hai die hohe Bordwand herauf.<br />
(Damals, als ich zu See fuhr, hielt ich von Haien, wie die meisten Seeleute, nicht so viel.)<br />
Ich plaudere an dem warmen Tropenabend mit Siggi auf der Nock. Er hört aufmerksam zu,<br />
während wir dem Treiben an Deck zuschauen, sage ich:<br />
„Ich sprenge einen Hai“!<br />
Ich war als Bengel und später als überdurchschnittlich begabter Oberschüler der größte<br />
Pyromane der Warschauer Vertragsstaaten. Nach dem Krieg habe ich locker jede Flakgranate<br />
zerlegt. „Vorn mußt du anfangen“, haben mich die großen Hitlerjungen gelehrt. „Vorn passiert<br />
gar nichts, hinten ist der Zünder, von dem mußt du wegbleiben.“ Ich brachte es <strong>bei</strong> dieser<br />
interessanten Freizeitbeschäftigung zur Perfektion. Wir warfen Gurte von SMG-Munni ins<br />
lodernde Kartoffelkrautfeuer und lauschten, in eine Furche gepreßt, den führungslos durch<br />
die Luft jaulenden Projektilen. Als die Munni durch übertriebenes Absammeln schließlich<br />
knapper wurde, stellten mein Kumpel und ich das Schwarzpulver selbst her. Schießpulver für<br />
Hobbyzwecke besteht aus Salpeter, Schwefel und Kohlenstoff. Schwefel gab es zu kaufen,<br />
den brauchte man auf dem Dorf zum Ausräuchern von Wildkaninchen oder Weinballons.<br />
An feuchten Hauswänden und besonders auf unserem Donnerbalken wuchs prächtig der<br />
Mauersalpeter. Der funktionierte auch. Als Kohlenstoff diente Holzkohle. Lindenholz sollte<br />
laut meinem Rezept die besten Ergebnisse zeigen. Also sägte ich von der Dorflinde einen<br />
trockenen Ast, stopfte Holzsplitter davon in eine verschließbare Blechbüchse und diese in<br />
die Glut von Mutters Küchenherd. Nach zermürbendem Warten entstand so auch brauchbare<br />
Holzkohle. Diese verteilte ich noch heiß, meist juckig unter Zeitdruck stehend, auf einer<br />
Zeitung auf dem Küchentisch. Dann stampfte und walzte ich mit einer Flasche so lange<br />
darauf herum, bis sie schön pulverisiert war. Diese Methode brachte aber erhebliche<br />
Gewichtsverluste, denn ein hoher Prozentsatz meines benötigten Kohlenstoffs fand <strong>bei</strong>m<br />
Nachhause kommen meine Mutter als schwarzen, noch warmen Niederschlag auf den Küchenmöbeln<br />
und besonders ins Auge stechend, auf dem einst weißen Lampenschirm über dem<br />
Küchentisch.<br />
Mammi hielt nichts von antiautoritärer Erziehung. So knallte es doppelt, erst zu Hause und<br />
dann im Dorf mit dem frisch gemixten Schießpulver.<br />
Heranwachsend genügte das recht harmlose Schießpulver nicht mehr unseren anspruchsvolleren<br />
Unternehmungen. Kaliumchlorat langt da, fachmännisch aufbereitet, schon anders<br />
hin und das benutzte Vater als „Wegerein“-haltendes Unkrautbekämpfungsmittel.<br />
Mein Kumpel hing die damit Sprengstoff-chemisch getränkten, vollgesoffenen Löschblattund<br />
Zeitungsseiten über den ordentlich strahlenden Küchenherd auf, weil‘s halt auch<br />
wieder pressierte. Im thermischen Aufwind fiel ihm eine fast trockene Seite auf die glühende<br />
Herdplatte. Das war erst ein Gaudi!<br />
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