Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
„Morgen scheiße ich ihn an!“, faßt Gerhard Schalk nun einen ehernen Beschluß.<br />
Fünf dieser dauergekühlten Tuben haben einen weißen Schraubverschluß, eine trägt einen<br />
roten. Gerhard öffnet mit einer Rasierklinge das untere umgebördelte Ende einer Zahnpastatube.<br />
Zum besseren Wiedererkennen nimmt er die mit der roten Verschlußkappe. Die<br />
Zahnpasta wird säuberlich ausgeräumt und durch die Hautschutzsalbe ersetzt, die im<br />
Maschinenraum in großen Pötten die Maschinenleute vor der Ölkrätze schützen soll. Das<br />
Werk ist gut gelungen, die Tube ist prall und weist keinerlei Besonderheiten auf. Nur die rote<br />
Verschlußkappe offenbart Eingeweihten, das ihr innewohnende Geheimnis.<br />
Die Rote führt im Kühlschrank die gekühlte Kolonne an.<br />
Klaus und Gerhard inspizieren während Wölfchens Maschinenwache den fortschreitenden<br />
Verbrauch seiner Zahnpastatube in der Naßzelle seiner Kemenate.<br />
„Lange kann es nicht mehr dauern, dann braucht er eine Neue“ lautet der neuste Situationsbericht,<br />
den uns Gerhard Schalk <strong>bei</strong>m Frühstück vorträgt.<br />
Bange Tage des Wartens vergehen.<br />
Eigentlich haben wir drei die Angelegenheit schon etwas aus den Augen verloren, da meint<br />
Wölfchen <strong>bei</strong>m Frühstück, mit frisch geputzten Zähnen: „Ich weiß nicht, die von Chlorodont<br />
mischen ein Zeug zusammen, das hält’ste gar nicht mehr aus <strong>bei</strong>m Zähneputzen!“<br />
Wir drei Eingeweihten am Nebentisch drehen die Köpfe zur Seite, laufen rot an, reißen die<br />
Taschentücher heraus, aber jeder hat sich im Griff, keiner prustet los, obwohl jedem fast der<br />
Mors platzt.<br />
Wölfchen tritt um 08.00 Uhr seine Wache an. Klaus ruft mich vorn an und meint: „Du, der hat<br />
die rote Tube in der Mache und cremt sich mit dem Schnodder tatsächlich die Zähne ein!“<br />
Jetzt geht eine Lawine zu Tal, die ich maßgeblich losgetreten habe und für die ich mich <strong>bei</strong><br />
Wölfchen heute nach 30 Jahren nochmals entschuldigen möchte.<br />
Den kritischen Leser versichere ich, auch hier, wie an keiner Stelle dieses <strong>Buch</strong>es Seemannsgarn<br />
zu publizieren.<br />
Ich spanne ein Empfangstelegramm-Formular in meine Schreibmaschine und verfasse dieses<br />
fingierte Telegramm:<br />
an alle schiffe der deutschen seereederei stop<br />
mitteilung des veb elbflorenz dresden hersteller der<br />
chlorodont zahnpasta stop auf grund einer bedauerlichen<br />
verwechslung der einfuellstutzen des fuellgutes mit den<br />
schmiernippeln der abfuellautomaten gelangte in eine<br />
betraechtliche anzahl unserer zahnpastatuben schmierfett<br />
statt zahncreme stop wir bitten dieses technische<br />
missgeschick zu entschuldigen und nehmen im umtausch die<br />
fettgefuellten tuben selbstverstaendlich zurueck stop<br />
veb elbflorenz dresden fettich technischer direktor<br />
Kapitän Fanger wird von den hier laufenden Späßchen unterrichtet. Jonny Zöllner ist<br />
Leitender Ingenieur. Die Kommandohöhen des Schiffes haben gegen die spaßige Auflockerungen<br />
des Betriebklimas keine Einwände. Das Klima an Bord ist ohnehin in Ordnung.<br />
Ich publiziere das eingegangene Telegramm!<br />
„Siehste, siehste“, tönt Wölfchen los, „ausgerechnet so eine Tube habe ich auch erwischt.<br />
Das Zeug da drin kam mir doch sowieso schon so komisch vor!“<br />
Mittlerweile haut es im krampfhaft unterdrückten Lachen nun schon alle in der O-Messe<br />
162