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Buch - bei Funker Felix

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8<br />

Erstes <strong>Buch</strong><br />

Mein kühner Entschluß<br />

„Sexy Hexi sagt der Joh zu mir“ dröhnt am 28.August 1958 der aktuellste „West“-Hit aus den<br />

offenstehenden Fenstern des Internates der Seefahrtschule Wustrow. „Na dann bin ich ja<br />

hier richtig“ denke ich und aste meine zwei Koffer hinein. Ich hatte beschlossen zur See zu<br />

fahren.<br />

Im Autobus vom Bahnhof Ribnitz-Damgarten zum Ostseebad Wustrow sehe ich das große<br />

Meer zum ersten Mal. Das große Meer ist aber nur der Saaler Bodden, wie sich später<br />

herausstellt.<br />

Ich habe nach dem Abitur schon zwei Semester Baustofftechnologie abstudiert, als mich im<br />

thüringischen Apolda die See ruft.<br />

Aber in Apolda läßt man mich nicht gehen.<br />

Irgend ein Fachschulgesetz verbietet das. Mein Zimmerkumpel Nuff sagt am nächsten Montag<br />

in der Bildungsstätte bescheid: „ Flegel können Sie im Klassenbuch streichen, der kommt<br />

nicht mehr!“<br />

Nach dem ich in Wustrow schon drei Monate zum Seefunkoffizier ausgebildet werde und im<br />

Morsealphabet auch ein „E“ schon leidlich von einem „O“ unterscheiden kann, ereilt mich<br />

der Fluch der bösen Tat.<br />

Der Schuldirektor faßt vom Berliner Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen ganz herb<br />

einen ab! „Hätten wir gewußt, daß sie aus einem Studienverhältnis zu uns gekommen sind,<br />

.....sie haben uns da vielleicht etwas eingebrockt. Aber jetzt, nach einem viertel Jahr, haben<br />

sie ja in ihrer Bauschule auch den Anschluß verloren. Bleiben sie hier, es bleibt ja nichts<br />

anderes übrig!“ sind die Schlußworte der Anklage.<br />

Der Beschluß findet meine Zustimmung.<br />

In Wustrow geht es wesentlich lockerer zu als in Apolda.<br />

Im Internat regiert die Schüler-Selbstverwaltung.<br />

„Sexy-Hexi“ dröhnt nach meinem Eintreffen aber nur noch wenige Wochen aus den Lautsprechern.<br />

Mein Mitstudent im Semester F1A ist Egon. „Grimmi-Egon“ weil er ein Grimmiger<br />

ist. Er ist schon über 30 Jahre alt. „Ich war Hauptmann <strong>bei</strong>m Ministerium für Staatssicherheit“<br />

erzählt er uns allen <strong>bei</strong>m ersten kennen lernen am ersten Studientag.<br />

Von seinem alten Job kann er sich nicht trennen. Er wird Parteiorganisator und führt nahezu<br />

das Kommando an der Schule. „Sexy-Hexi“ ist ein dekadenter Titel von Radio Luxemburg,<br />

womit der Sender einzig und alleine das Ziel verfolgt, das Proletariat vom aufrechten<br />

Klassenkampf abzuhalten.<br />

„Das haben wir so gefälligst zu glauben“ bestimmt Egon, das ergab schließlich seine frühere<br />

geheimdienstliche Ermittlungstätigkeit. Fürderhin sind Tonbandaufnahmen und das Abhören<br />

von Radio Luxemburg im kurzwelligen 49-Meter-Band an der Seefahrtschule Wustrow verboten.<br />

Als zwei Kameraden meiner Studiengruppe von Egon <strong>bei</strong>m Feindsenderhören ertappt<br />

werden, werden sie exmatrikuliert!<br />

Egon spukt zwei Jahre als Student und partei-politischer Inquisitor an der Schule.<br />

Von anfänglich 16 Mann geht mein Semester dann mit 6 Mann in die Abschlußprüfung. Egon<br />

ist unter den sechsen, hat aber erstmals seine Schwierigkeiten. Er kann nicht „Hören“ und<br />

nicht „Geben“, jedenfalls nicht in dem hohen geforderten Prüfungsniveau. Das verlangt von<br />

dem angehenden Seefunkoffizier eine fünfminütige fehlerfreie Schreibmaschinenaufnahme

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