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Back, danach schauen wir Claus Mohs, dem großen Meister im Funkraum 90 Wachminuten<br />
ehrfurchtvoll über die Schultern.<br />
Solchermaßen eingeteilt und eingewiesen schäppern wir los.<br />
Der Dampfer ist im Levante-Dienst eingesetzt. Demzufolge fährt er in das Mittelmeer.<br />
Emotional aufgeheizt, <strong>bei</strong>m ersten Inseestechen, stehen wir am Schiffszaun und winken<br />
jedem Angler auf der Warnemünder Mole zu.<br />
Der erste Törn am Ruder ist ebenso aufregend. Die erste Wache daran läßt die Brust<br />
schwellen. Das große Schiff gehorcht auf die Bewegung des kleinen Fingers vom „Schützen<br />
Arsch im letzten Glied“.<br />
Ein erhabenes Gefühl.<br />
Jeder Neuling, dem diese ehrenvolle Aufgabe<br />
nach kurzer Einweisung übertragen wird, starrt<br />
unentwegt auf den Kompaß und reagiert auf die<br />
kleinste Abweichung vom Kurs. Der Kursschreiber<br />
schreibt dann eine schöne Gerade auf<br />
die ablaufende Papierrolle.<br />
Lang gediente Matrosen sehen das längst nicht<br />
so verbissen.<br />
Nach der dritten Wache am Ruder mutiert dieses<br />
erhabene Gefühl zur Stupidität. Lieber an Deck<br />
Rost klopfen, als Rudergehen, ist dann <strong>bei</strong> der<br />
Decksgang die vorherrschende Meinung.<br />
Im Funkraum meldet sich Claus Mohs, zur<br />
Passage des Kiel-Kanals, <strong>bei</strong> Rügen Radio ab<br />
und <strong>bei</strong> Kiel Radio an. Ich vergleiche da<strong>bei</strong> mein<br />
bisher erworbenes Schulwissen mit seiner Routine<br />
und bemerke gewisse Unterschiede zwischen<br />
Theorie und Praxis. Die nächsten 90 Minuten<br />
Ausguck auf der Brückennock sind im Seegebiet<br />
der Kieler Förde nur kalt, ohne besondere<br />
Vorkommnisse. Das Marine-Ehrenmal von Laboe<br />
hat noch einen gewissen Schauwert.<br />
Das Einlaufen in den Kiel-Kanal hat <strong>bei</strong> der<br />
ersten Passage natürlich seinen Reiz. Außerdem,<br />
und das wird jeder ehemals eingekastelte DDR-<br />
Bürger natürlich bestens nachfühlen können,<br />
hier weht ja der Duft der großen weiten Welt herüber.<br />
Die kommenden 20 Jahre meines Lebens habe ich dafür keine so sensible Nase mehr, aber<br />
jetzt, auf meiner ersten Reise, duftet es mächtig gewaltig. Ich vergeude fast meine ganze<br />
Freiwache zum Schnuppern und gehe spät pennen, obwohl ich um 04.00 wieder antreten<br />
muß.<br />
Im Kiel-Kanal braucht man nicht Rudergehen. Der Lotse bringt seine zwei Kanalsteuerer mit.<br />
Künstliche Ar<strong>bei</strong>tsbeschaffung auf Kosten der zahlenden Reeder. Unser Bootsmann könnte<br />
das genauso gut und ich nach dieser Reise auch.<br />
Nach Schleuse Brunsbüttel empfängt uns die Elbe und ab Feuerschiff Elbe-eins beginnt die<br />
Seefahrt, die richtige!<br />
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