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Buch - bei Funker Felix

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Das Schiff soll in der Lisnave-Werft auf unsere Bedürfnisse umgerüstet werden.<br />

Wir beschauen uns das neu erworbene Flaggschiff. Das Schiff machte von weitem besehen<br />

einen sehr gepflegten Eindruck. Es steht gut in Farbe. Was im Innenbereich allerdings uns<br />

jetzt entgegenschlägt, will ich nur oberflächlich schildern, tiefgründiger glaubt mir das<br />

niemand.<br />

Der Tanker legt zur Mittagszeit in der Lisnave-Werft an. Der griechische Koch rennt aus der<br />

Kombüse zu seiner nahegelegenen Winde auf dem Achterschiff und in jeder entbehrlichen<br />

Sekunde kehrt er an sein eigentliches Betätigungsfeld zurück und schaut in Töpfen und<br />

Pfannen nach dem Rechten<br />

und Linken.<br />

Wir sind zum Mittagessen<br />

eingeladen. Es gibt<br />

Hühnchen. Broiler sagen<br />

wir. Wirklich gut, nur der<br />

Blick hinter die Kulissen<br />

ist fatal.<br />

Der Fußbodenbelag der<br />

Kombüse ist nicht zu<br />

identifizieren, wahrscheinlich<br />

Fliesen. Das<br />

muß man später ergründen.<br />

Über dem Herd ist<br />

ein riesiger Rauchabzug,<br />

in der Art einer Dorfschmiede. Aus dem mit einer drei Zentimeter-Dickschicht konserviertem<br />

Blech tropft es unablässig ölig herab.<br />

Ich besehe mir den Funkraum. Die Technik ist nicht so berauschend. Mein Vorgänger ist<br />

nicht verfügbar. Er würde wegen einer Krankheit hier in einem Lissaboner Krankenhaus<br />

stationär behandelt, erfahre ich hinten herum.<br />

In meiner Kammer ist der Boden mit Haaren bedeckt, wie in einem Frisörsalon. So eine<br />

Unterkunft habe ich nach 15 Jahren Seefahrt noch auf keinem Schiff angetroffen. Meine<br />

Kammer verfügt über eine Naßzelle. Auch hier ist der Bodenbelag nicht zu erkennen. Die rosa<br />

angestrichenen Blechwände sind veralgt.<br />

Die Farbe des Duschvorhangs ist nur oben an den Ringen noch schwach auszumachen.<br />

Darunter wuchern Schimmel und Algen.<br />

Das Schiff ist völlig ausgebombt. Es gibt auch nicht das Stäubchen eines Reinigungsmittels<br />

oder gar einen Schrubber oder Besen.<br />

Unten im Mannschaftsdeck herrschen noch unbeschreiblichere Zustände.<br />

Die Wände der Unterkünfte sind nicht verkleidet. Der Matrose schläft praktisch an der<br />

Außenhaut des Schiffes, ihn trennen zwanzig Millimeter Schiffbaustahl vom Seewasser. An<br />

der Decke verlaufen die Rohrleitungen, so wie im Maschinenraum. Unsere Jungs halten mit<br />

zwei Fingern am ausgestreckten Arm die Schaumgummimatratzen weit von sich, mit der<br />

Frage: „Soll ich mich da etwa draufhauen?“<br />

Die Matratzen wurden als so eine Art Gummifrau mißbraucht.<br />

Der milliardenschwere griechische Reeder hat für die Leute, die seinen Reichtum herankarren<br />

und ständig mehren, nicht einmal ein paar Spanplatten übrig, um aus gräßlichen Tierbehausungen<br />

einigermaßen Bewohnbares zu gestalten.<br />

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