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Auf dem Schreibtisch vom Kapitän liegt ein Kalkstein, darum herum sitzen Tausende Rubel<br />
Gehalt. Diese Generale behaupten, daß einer von uns sich zum Verbleib in dieser Traumlagune<br />
hinreißen ließ.<br />
Das muß ich jetzt näher erklären!<br />
Immer, wenn ein Besatzungsmitglied die Gangway herabtrabt, bückt sich Timofej Nikitowisch<br />
Gehdumarof und entnimmt dem reichlich vorhandenen Kalksteinschotter der Pier ein Steinchen<br />
und deponiert dieses in dem umfangreichen Fassungsvermögen der aufgenähten Taschen<br />
seines Militärmäntelchens.<br />
Zusätzliche Sicherheit zu seinen umfangreichen schriftlichen Dokumentationen.<br />
Kommt Hein Mück vom Landgang zurück, vergleicht der Rotarmist penibel die Nummer vom<br />
Stempel im Seefahrtsbuch mit der der Besatzungsliste, macht hinter dieser den Rückkommerstrich<br />
und wirft ein Steinchen zurück auf die Pier.<br />
Fort Nox könnte nicht sicherer ar<strong>bei</strong>ten! Zwanzig Steinchen im Mäntelchen, zwanzig Mann<br />
an Land! Kein Steinchen mehr in der Tasche, alle an Bord.<br />
Scheiße! Noch Stein im Mäntelchen und Schiff will auslaufen! Alarm!<br />
Dieses Stückchen Kalkstein liegt nun <strong>bei</strong> Kapitän Gustävel auf dem Schreibtisch, wie ein<br />
Stück Königs-Jade oder der Koohinoor. Ein unumstößlicher Beweis, Towarischt Capitan,<br />
einer von ihrem ‘Kommanda’ kann sich von Novorossik nicht losreißen.<br />
Das wäre nun ausgerechnet in diesem Town, keinem von uns in den Kopf gekommen.<br />
Aber, so deutlich will der Alte den hochdekorierten Heinzis das nun auch nicht sagen.<br />
Also, ‘dawei poschli’, alle Mann einrücken in die Mannschaftsmesse. Gesichtskontrolle!<br />
Kapitän und Chief werden vom Antlitz her vorher kontrolliert und behalten die Übersicht<br />
außerhalb des Gulag.<br />
Jetzt stecken noch 41 Seefahrtsbücher in meinem Kasten und 41 dazugehörige Gesichter<br />
dichtgedrängt in der Mannschaftsmesse.<br />
Wo denn sonst, wer segelt denn in Novorossik achter aus!?<br />
Die Sowjetmacht beginnt mit der Gesichtkontrolle.<br />
Jetzt aber nicht nach Stempel-Nummer und Besatzungslisten-Nummer, sondern richtig. Nun<br />
wird die erste Seite des Seefahrtsbuches aufgeschlagen, wo in lateinischer Schrift der Name<br />
des Passinhabers steht und auch sein Paßbild klebt.<br />
Der Name wird dann vom russischen Vorleser nicht immer so gut getroffen, wie vorher das<br />
dazugehörige Paßbild vom Fotografen.<br />
„Charl-Geinz Flägel!“ Aha der meint anscheinend mich.<br />
Aufstehen, Schokoladen-Seite zeigen, ‘prawilno’, rauß! Haken in der Spalte der Besatzungsliste.<br />
Letztes Seefahrtsbuch aus dem Kasten, letzter Mann aus der Messe. Alle Haken hinter<br />
allen Namen in der Liste!<br />
„Sag ich doch, Kapitän. Wir sind vollzählig.“ Der Alte weiß halt, was er an seinen Mitar<strong>bei</strong>tern<br />
hat, zusätzlich zu dem Kalkstein auf seinem Schreibtisch.<br />
Dieses Stückchen Mineral hätte ich gerne erworben.<br />
______________<br />
Die knallharten Ölvermarkter im Persischen Golf schauen auf das Profit versprechende<br />
Material. Dort muß der Tanker Laden und Pumpen können.<br />
Bei den Kommunisten muß er frei von Mehlwürmern sein, die Besatzung sollte möglichst<br />
vollzählig am Veteranentreff verdienter Aktivisten teilnehmen und eine gewissenhafte<br />
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