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drängen, besorgen sie dem Schiff eine ordentliche Schlagseite.<br />
Wir bändseln die DRESDEN auf Warteposition für die Suez-Kanal-Passage an einer der<br />
Festmachertonnen an. Da wir für die Kanal-Passage erst für den nächsten Tag vorgesehen<br />
sind, fahren wir mit den sich reichlich anbiedernden Wassertaxis an Land. Für dieses Unternehmen<br />
benötigt ein jeder einen behördlich ausgestellten „SHORE LEAVE PASS“ und für<br />
diesen ein Paßbild.<br />
Es kommt ein Fotograf an Bord. Der stellt an Oberdeck immer einen Trupp von sechs bis acht<br />
Leuten in einer Reihe auf. Dann liefert er die großformatigen Bilder an und jeder schneidet<br />
sich daraus sein Paßbild aus. Da uns diese Aufnahmetechnik sehr belustigt, haben wir alle<br />
freundliche Paßbilder in unseren Dokumenten.<br />
Port Said ist an diesem Tage fest in deutscher Hand. Die Amtssprache und auch die Leitwährung<br />
ist Deutsch!<br />
5000 bundesdeutsche Auswanderer lassen sich vom Papst in das nach ihrer Meinung<br />
gelobtere Land Australien verschiffen.<br />
Auf dem Basar kommen wir mit den Landsleuten sehr bald ins Gespräch. Die Leute können<br />
nicht verstehen, wie jemand wie wir, dem sich die Möglichkeit bietet, nicht sofort der DDR<br />
den Rücken kehrt. Wo doch im freiheitlichen Teil Deutschlands Milch und Honig fließt. Wir<br />
Seeleute der DRESDEN können aber im Gegenzug nicht verstehen, wie 5000 Auswanderer<br />
aus dem Schlaraffenland Deutsche Bundesrepublik nach Australien flüchten.<br />
Nirgendwo habe ich soviel deutsche Dummheit und Intoleranz in so konzentrierter Form<br />
getroffen.<br />
In kleinerer Stückzahl später schon noch. In Savona <strong>bei</strong>spielsweise, an der italienischen<br />
Riviera oder auf der Strandpromenade von Las Palmas, wenn uns Gruppen deutscher Urlauber,<br />
als Vertreter des „häßlichen Deutschen“ sturzbesoffen und grölend entgegentorkeln.<br />
Wir stellten dann während dieses Landganges die Unterhaltung ein, um nicht auf Grund<br />
der selben Sprache auch in dieser Schublade zu landen.<br />
Wir werden <strong>bei</strong>m VEB Deutsche Seereederei streng gehalten. Angeblich tragen wir als Seeleute<br />
den ehrenhaften Titel „Botschafter mit Seesack“, der die Deutsche Demokratische<br />
Republik im Ausland ehrenhaft zu vertreten hat. Schon geringfügiges Danebenbenehmen<br />
hätte den Entzug des Seefahrtsbuches zur Folge. „Schädigung des Ansehens der DDR im<br />
Ausland“ lautete dann die Anklage. Für so manchen deutschen Ballermann 6-Chaoten oder<br />
Hooligan täte eine dahingehende Handhabung des Gesetzes auch ganz gut. Im Gegenzug<br />
natürlich auch gegen jeden ausländischen Randalierer in Deutschland.<br />
Absolute Funkstille<br />
Ab Suez-Kanal herrscht für die Schiffe der DSR, die einen Löschhafen in der Volkrepublik<br />
China ansteuern, absolute Funkstille. Eine der bescheuerten Reaktionen der politischen<br />
Führungsstrategen der DDR, die mit solchen Maßnahmen den kalten Krieg gewinnen<br />
möchten. Damit unser gemeinsamer erbitterter Gegner auf Taiwan uns als Blockadebrecher<br />
für Volks-China nicht so leicht aufbringen kann, schweigen ab Suez unsere Sender. Da aber<br />
die Volksrepublik China vor Taiwan auch gewaltigen Schiß in der Büchs hat, muß sich jedes<br />
Schiff, das einen chinesischen Hafen anlaufen möchte, 72 Stunden vor Erreichen Chinas<br />
Küste telegrafisch anmelden. Wir tun das auch und befinden uns da<strong>bei</strong> genau querab der<br />
Insel Taiwan.<br />
Unser Schiff hält <strong>bei</strong> schönem Wetter in ruhiger See auf die Südspitze von Ceylon zu.<br />
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