Die Religion der Baul-Gemeinschaft
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Bekleidung<br />
<strong>Die</strong> männlichen <strong>Baul</strong>s tragen einen knöchellangen Rock, ein loses Hemd und ein mantelartiges<br />
Übergewand, das die Knie bedeckt. Oft binden sie ein langes schmales Tuch, das mit<br />
einem Schal verglichen werden kann, um die Hüfte. <strong>Die</strong> traditionellen <strong>Baul</strong>s tragen das indische<br />
Hemd, aber mittlerweile ist auch das europäische Hemd unter den <strong>Baul</strong>s beliebt.<br />
Manche <strong>Baul</strong>s tragen anstatt eines Rockes das Dhuti. Dhuti ist das traditionelle Kleidungsstück<br />
im Bundesstaat West Bengal. <strong>Die</strong>s ist ein ca. vier Meter langes und 1,20 m. breites<br />
nahtloses Tuch mit ca. 1 cm breiter Borte auf beiden Seiten, das um die Hüfte gewickelt<br />
wird. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s wickeln es aber nicht traditionsgemäß mit Falten, son<strong>der</strong>n tragen es wie<br />
einen Rock. Das Lendentuch <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s heißt Kaupina. Das erste Lendentuch des <strong>Baul</strong>s wird<br />
von seinem Guru rituell gereinigt. Viele <strong>Baul</strong>s tragen einen Turban. Alle Kleidungsstücke<br />
dürfen entwe<strong>der</strong> weiß o<strong>der</strong> safran (geruya) sein. Gerua ist auch die Farbe, welche die<br />
hinduistischen Asketen (sannyasi) in Indien tragen. <strong>Die</strong> weiblichen <strong>Baul</strong>s tragen, wie alle<br />
Frauen in West Bengal, eine Bluse und einen Sari. Auch diese sind entwe<strong>der</strong> weiß o<strong>der</strong><br />
orange. <strong>Die</strong> männlichen und weiblichen <strong>Baul</strong>s tragen außerhalb ihrer Wohnung ihre große<br />
weiße o<strong>der</strong> orange Baumwolltasche (ãcla) mit. In dieser Tasche haben sie alles, was sie<br />
unterwegs brauchen könnten, z. B. das eigene heilige Geschirr. <strong>Die</strong> männlichen und weiblichen<br />
Maluidhari-<strong>Baul</strong>s tragen den Rosenkranz aus Basilikum (tulsi), wobei die Angehörigen<br />
<strong>der</strong> Kistidhari-Gruppe sich alle Sorten Rosenkränze umhängen, z. B. Rosenkänze aus<br />
Holz, Glas und Quarz. <strong>Die</strong> weiblichen <strong>Baul</strong>s tragen Armreifen aus Glas und Metall. Manche<br />
weiblichen <strong>Baul</strong>s, welche die Kanthi-badal-Zeremonie vollzogen haben (s. Kapitel 5), tragen<br />
auf ihrem Scheitel die traditionelle rote Farbe (sindura), die zeigt, daß die Frau verheiratet<br />
ist. Alle <strong>Baul</strong>s tragen lange Haare. <strong>Die</strong> männlichen <strong>Baul</strong>s tragen einen muschelartigen Dutt<br />
etwas rechts o<strong>der</strong> links hoch am Hinterkopf. <strong>Die</strong> weiblichen <strong>Baul</strong>s tragen den traditionellen<br />
indischen Dutt.<br />
<strong>Die</strong> finanzielle Lage <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s<br />
Obwohl die <strong>Baul</strong>s in ihren Lie<strong>der</strong>n immer wie<strong>der</strong> die Bedeutungslosigkeit des weltlichen<br />
Vermögens besingen (s. Anhang <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong>), leiden sie doch unter Armut. Denn auch<br />
wenn manche <strong>Baul</strong>s eine fast regelmäßige Einkunft haben, die sie als Bauern, Fischer,<br />
<strong>Die</strong>nstboten o<strong>der</strong> Tagelöhner für ihre Tätigkeit empfangen, gehören sie zu den Armen. Da<br />
ihr Einkommen, für die Lebensunterhaltskosten nicht ausreicht, sind sie immer verschuldet.<br />
Häufig lassen sie sich ihr Gehalt, mindestens aber einen Teil davon, im voraus bezahlen. Da<br />
es aber immer vorausbezahlt werden muß, um die laufenden Kosten zu decken, werden die<br />
Schulden nicht getilgt. Der Sohn erbt die Schulden des Vaters. In Streitfällen entscheidet<br />
das Dorfgericht, das aus den Hindus aus den drei oberen Kasten besteht. Häufig müssen die<br />
Kin<strong>der</strong> einer <strong>Baul</strong>-Familie mitverdienen. Bei Krakheitsfällen und zusätzlichen<br />
Verpflichtungen, wie etwa bei Festen, erhalten sie von den wohlhabenden Dorfbewohner<br />
finanzielle Unterstützung. Manchmal wendet sich <strong>der</strong> <strong>Baul</strong> vertrauensvoll in seiner Notlage<br />
an die Muttergöttin Kali (s. Anhang <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong>).<br />
<strong>Baul</strong>s, die Ihre Musik als Kunst verkaufen und damit relativ gutes Geld verdienen, gehören<br />
zu den Ausnahmen. 10 <strong>Die</strong> Mehrheit <strong>der</strong> <strong>Baul</strong> sind Almosenempfänger. Man muß sie jedoch<br />
von den gewöhnlichen Bettlern unterscheiden. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s bringen den Weltlichen eine<br />
religiöse Botschaft und empfangen als Gegenleistung dafür die Almosen. Das Leben von<br />
Almosen gilt in Indien als eine Tugend, wenn es aus religösen Gründen geschieht. Es deutet<br />
10 S. den Bericht über Purnendudas <strong>Baul</strong> in Krishnendu Das: The <strong>Baul</strong>s of Bengal, Calcutta, 4-11<br />
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