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Die Religion der Baul-Gemeinschaft

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eintreten kann, 122 und, daß <strong>der</strong> Orgasmus auch ohne einen Samenausstoß stattfin -<br />

den(kann). 123 <strong>Die</strong>s geschieht unter an<strong>der</strong>em bei Männern, die bewußt ihre Genitalmuskeln<br />

zusammenziehen können. 124 <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s ejakulieren nicht und üben Yoga mit Hilfe <strong>der</strong> Genitalmuskeln,<br />

um den Samen zurückzuhalten, wenn sie die Befürchtung haben, daß es zu<br />

einem Samenausstoß kommen könnte. <strong>Die</strong>s bedeutet, wenn die <strong>Baul</strong>s vom Gotteserlebnis<br />

nach dem Mahayoga sprechen, halten sie den Höhepunkt ihres sexuellen Erlebnisses für das<br />

Gotteserlebnis.<br />

Diksha (die Initiation)<br />

<strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s erhalten von ihrem Guru drei aufeinan<strong>der</strong>folgende Dikshas (Initiationen). <strong>Die</strong>se<br />

sind die Mantra-diksha (die Initiation zum Mantra), die Shiksha-diksha (die Initiation zum<br />

Tantrayoga) und die Sannyasa-diksha, auch Vairagya-diksha genannt (die Initiation zur<br />

Askese). Den Tag und die Uhrzeit <strong>der</strong> Zeremonien legt <strong>der</strong> Guru fest, wobei die Stellung<br />

<strong>der</strong> Sterne und Planeten keine Rolle spielen. Es ist erwähnenswert, daß das Mahanirvanatantra<br />

für die Initiation mit dem Brahmamantra keine Stern- o<strong>der</strong> Planetenkonstellation<br />

vorsieht. 125 Gewöhnlich vollziehen die Hindus wichtige Zeremonien an bestimmten Tagen,<br />

wenn die Sterne und Planeten günstig stehen. 126 Alle Initiationen finden im geschlossenen<br />

Raum statt.<br />

<strong>Die</strong> Mantradiksha<br />

Mit <strong>der</strong> Mantradiksa wird ein Mensch zum Mitglied <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>gemeinschaft. Manche<br />

Wohngemeinschaften verlangen eine eintägige Fastenzeit <strong>der</strong> Beteiligten vor dem Ritual.<br />

<strong>Die</strong> Zeremonie wird morgens früh vollzogen, nachdem die Beteiligten gebadet haben. Unmittelbar<br />

vor <strong>der</strong> Zeremonie darf nur Tee o<strong>der</strong> Wasser getrunken, aber nichts gegessen<br />

werden. <strong>Die</strong> Initiation findet in einem geschlossenen Raum statt, in dem nur <strong>der</strong> Guru und<br />

<strong>der</strong> künftige Schüler anwesend sind. Der Guru nimmt etwas Sandelpaste auf einem Blatt <strong>der</strong><br />

heiligen Tulsi-Pflanze und beschmiert damit den Kopf, die Stirn, den Hals, das Herz, den<br />

Oberbauch und den Nabel des Kandidaten Hierbei rezitiert <strong>der</strong> Guru verschiedene Mantras<br />

o<strong>der</strong> die Namen Krishnas, Caitanyas und seiner Schüler. In <strong>der</strong> Fontanelle, <strong>der</strong> Stirn, in<br />

Hals, Herz und Nabel befinden sich jeweils das Sahasrara-cakra, Ajña-cakra, Vishuddhacakra,<br />

Anahata-cakra und Manipura-cakra (s. Kapitel 3). Danach flüstert er dem Schüler<br />

das Initiationsmantra ins Ohr, das <strong>der</strong> Schüler später zum Meditieren benötigen wird. Bei<br />

<strong>der</strong> Erteilung des Initiationsmantras hält <strong>der</strong> Guru seinen Daumen o<strong>der</strong> Zeigefinger<br />

zwischen die Augenbrauen des Schülers, da sich hier bekanntlich das Weisheitsauge<br />

befindet. Alle Mantras sind auf Bengali, <strong>der</strong> Muttersprache <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s, verfaßt.<br />

Der Schüler ist hierdurch ein Mitglied <strong>der</strong> <strong>Gemeinschaft</strong> geworden. Er erhält nun einen Ordensnamen,<br />

<strong>der</strong> stets mit dem Wort Das, <strong>Die</strong>ner, beendet. Vor dem Initiationsritual hat <strong>der</strong><br />

Kandidat eigenhändig das Malsa-bhog vorbereitet. Entwe<strong>der</strong> vor o<strong>der</strong> nach dem Ritual<br />

vollzieht <strong>der</strong> Guru die Malsa-bhog-Zeremonie. Aus Anlaß <strong>der</strong> Initiation lädt <strong>der</strong> Kandidat<br />

<strong>Baul</strong>s aus seinem Bekanntenkreis ein, die während <strong>der</strong> Zeremonie auf dem Hof warten.<br />

Nachdem die Mantradiksa vollzogen ist, kommen <strong>der</strong> Guru und Schüler aus dem Zimmer<br />

heraus und treten auf den Hof, wo die Gäste dem neuen <strong>Baul</strong> gratulieren. Alle essen zu-<br />

122<br />

Alfred C. Kinsey: Das sexuelle Verhalten <strong>der</strong> Frau, Berlin, 1963, 465-468<br />

123<br />

Ibid., 468<br />

124<br />

Alfred C. Kinsey: Das sexuelle Verhalten des Mannes, Berlin, 1964, 134-135<br />

125<br />

Arthur Avalon: Tantra of the Great Liberation, Mahanirvana-tantra, London, 1913, 191<br />

126<br />

Vgl. V.A.K. Ayer: Hindu Sastras and Samskaras, Bombay, 1993, 29-34<br />

73

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