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Die Religion der Baul-Gemeinschaft

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(Ocymum sanctum) auf jede Schüssel und besprüht die Speise mit dem Wasser. <strong>Die</strong>s kann<br />

mit <strong>der</strong> Reinigung <strong>der</strong> fünf Dinge bei <strong>der</strong> Puja <strong>der</strong> drei oberen Kasten verglichen werden. 112<br />

Jetzt opfert <strong>der</strong> Guru die Speise zuerst seinem eigenen Guru und dann Caitanya und seinen<br />

Schülern. Auch die Sandelpaste und die Blumen werden ihnen geopfert. Hierfür gibt es<br />

keine feste Reihenfolge. Während <strong>der</strong> Guru die Opferzeremonie vollzieht, murmelt er laut<br />

o<strong>der</strong> lautlos seine persönlichen Mantras auf Bengali. Für jede „Gottheit“ und jeden Heiligen<br />

hat er einen an<strong>der</strong>en Mantra. <strong>Die</strong>se Mantras können seine eigene Schöpfung sein o<strong>der</strong> er<br />

kann sie von seinem Guru erhalten haben. Wenn <strong>der</strong> Guru <strong>der</strong> Wohngemeinschaft annimmt,<br />

daß die „Götter“ und „Heiligen“ spirituell gespeist haben, ist die Opfergabe beendet. Nun<br />

heißt die Speise nicht mehr einfach Essen, son<strong>der</strong>n Prasad, Gnade o<strong>der</strong> Mahaprasad, die<br />

große Gnade. Der Prasad wird vom Guru unter den Anwesenden verteilt, wie einst Caitanya<br />

an seine Schüler den Mahaprasad verteilte (s. Kapitel 2). Der Maha-prasada wird von den<br />

<strong>Baul</strong>s mit großem Respekt gegessen.<br />

Untersuchunsergebnisse<br />

1. Das Malsa-bhog <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s ist eine vereinfachte Version des Malsa-bhog <strong>der</strong> Caitanya-<br />

Vaisnavs <strong>der</strong> drei oberen Kasten in West Bengal, da beide die folgenden Punkte enthalten:<br />

a) Von Beiden wird die Gabe, die aus Speise und an<strong>der</strong>en Dinge besteht, zeremoniell Gott /<br />

Göttern und Heiligen geopfert.<br />

b) <strong>Die</strong> Pañca-tattvas (fünf Dinge), welche die <strong>Baul</strong>s zu diesem Anlaß opfern, findet man in<br />

<strong>der</strong> Liste <strong>der</strong> Dinge, welche die Caitanya-Vaisnavs bei ihrem Malsa-bhog Gott etc. opfern.<br />

c) <strong>Die</strong> Reinigung <strong>der</strong> Dinge vor <strong>der</strong> Opfergabe wird sowohl beim Malsa-bhog <strong>der</strong> <strong>Baul</strong> wie<br />

auch beim Malsa-bhog <strong>der</strong> Caitanya-Vaisnavs aus den drei oberen Kasten vorgenommen.<br />

Obwohl die Einzelheiten sich voneinan<strong>der</strong> unterscheiden, sind doch die Grundgedanken<br />

beim Malsa-bhog und bei <strong>der</strong> Puja gleich, es dürfen nur rituell gereinigte Gaben geopfert<br />

werden und daher wird das Ritual vollzogen.<br />

2. Da die Malsa-bhog <strong>der</strong> drei oberen Kasten eine Variation von Puja ist, ist auch das<br />

Malsa-bhog <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong> eine Variation <strong>der</strong> Puja-Zeremonie des klassischen<br />

Hinduismus, die die <strong>Baul</strong>s in ihren Lie<strong>der</strong>n so sehr kritisieren. Der <strong>Baul</strong>guru übernimmt hier<br />

die Stellung des Priesters im klassischen Hinduismus.<br />

3. Das Vorhandensein einerseits <strong>der</strong> Kritik an Puja an<strong>der</strong>erseits <strong>der</strong> Praxis <strong>der</strong> Puja zeigt das<br />

gespaltene Verhältnis, das die <strong>Baul</strong>s in diesem Bereich haben.<br />

Das Kanthi-badal (<strong>der</strong> Austausch <strong>der</strong> Ketten)<br />

Obwohl zwischen <strong>der</strong> Heiratsprozedur <strong>der</strong> drei oberen Kasten und dem Kanthi-badal (<strong>der</strong><br />

Austausch <strong>der</strong> Ketten) <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong> erhebliche Unterschiede bestehen, wird bei<br />

näherem Ansehen deutlich, daß die <strong>Baul</strong>s in diesem Zusammenhang mehrere ähnliche<br />

Grundvorstellungen haben, wie die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> drei oberen Kasten. Ein Vergleich zwischen<br />

den beiden ist dort notwendig, um festzustellen, wo die <strong>Baul</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong> direktero<strong>der</strong><br />

indirekterweise von den Dharmashastras beeinflußt ist und wo dies nicht <strong>der</strong> Fall ist.<br />

112 Vgl. Shrisa Chandra Vasu: The Daily Practice of The Hindus, New Delhi, 1991, 139-142, s. auch<br />

Mahanirvana-tantra V, 206-261<br />

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