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Die Religion der Baul-Gemeinschaft

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Es gibt einige <strong>Baul</strong>s und einzelne Intellektuelle in Indien, die den kulturellen Beitrag <strong>der</strong><br />

<strong>Baul</strong>s überschätzen, da die <strong>Baul</strong>s auch Lie<strong>der</strong>macher sind. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong> sind jedoch<br />

melodisch monoton und thematisch uninteressant für die Mehrheit. Außerdem sind die<br />

Lie<strong>der</strong> oft in einer Geheimsprache verfaßt, da die Texte vielfach mit dem Tantrayoga zusammenhängen<br />

und die <strong>Baul</strong>s nicht möchten, daß die Nichtbauls über ihre religiösen Praktiken<br />

so genau Bescheid wissen. Berücksichtigt man die Tatsache, daß die Melodien <strong>der</strong><br />

Lie<strong>der</strong> monoton sind und die Texte unverständlich, so ist es nachvollziehbar, daß die <strong>Baul</strong>-<br />

Lie<strong>der</strong> in Indien keine große Nachfrage haben. Hinzu kommt noch, daß Bengali eine von<br />

vielen Sprachen Indiens ist. Dabei verfassen die <strong>Baul</strong>s ihre Lie<strong>der</strong> nicht einmal auf Hochbengali,<br />

son<strong>der</strong>n in verschiedenen Dialekten <strong>der</strong> Bengali-Sprache. Es gibt nur sehr wenige<br />

Intellektuelle im Bundesstaat West Bengal, Indien, die sich für die <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong> interessieren.<br />

Von einem Beitrag <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong> zur Kultur Indiens kann nur in eingeschränktem Sinne<br />

gesprochen werden. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s sind äußerst friedliche Menschen. Sie interessieren sich nicht<br />

für Politik.<br />

Caitanya (1486-1533 n. Chr.) ermöglichte den Shudras und Kastenlosen eine Integration in<br />

den klassischen Hinduismus mit seiner Reformbewegung. Caitanya war ein erfolgreicher<br />

Gelehrter aus <strong>der</strong> Brahmanenkaste. Seine Liebe zu Krishna befreite ihn von den orthodoxen<br />

Ansichten, die besagten, daß man die Veden kennen müßte, um Gott zu erreichen. Zunächst<br />

in seinem Geburtsort Nabadvip, Bundesstaat West Bengal, und später in Puri, Bundesstaat<br />

Orissa, predigte Caitanya, daß um Krishna, d. h. Gott, erreichen zu können das Lernen <strong>der</strong><br />

Veden nicht nötig sei. Man müsse Krishna inbrünstig lieben. Er ersetzte die komplizierten<br />

vedischen Zeremonien durch Krishnas Lobgesang und Krishnas Namensrezitation. <strong>Die</strong><br />

Lie<strong>der</strong> für den Lobgesang wurden auf Bengali, verfaßt. <strong>Die</strong>se ersetzten die traditionellen<br />

Mantras, die auf Sanskrit verfaßt worden waren und daher für das einfache Volk<br />

unverständlich blieben. Er lehnte das Kastensystem ab, da vor Gott alle Menschen gleich<br />

sind. So schuf Caitanya in Bengal und Orissa eine neue Form des Vaishnavismus, die<br />

Caitanya-orientierter Vaishnavismus genannt wird. <strong>Die</strong> Anhänger dieser Richtung des<br />

Hinduismus erkennen das Kastensystem nicht an, was soviel bedeutet, daß in ihren Tempeln<br />

die Shudras und Kastenlosen genauso willkommen sind, wie die drei oberen Kasten. <strong>Die</strong>s<br />

war eine große Errungenschaft für die Shudras und Kastenlosen. Ferner durften sie mit<br />

Gottes Lobgesang und Namensrezitation Gottesverehrung praktizieren. Es war für sie kein<br />

Hin<strong>der</strong>nis mehr, daß sie die Sanskrit-Mantras we<strong>der</strong> rezitieren durften noch konnten. Aus<br />

dieser Reformbewegung ist die <strong>Baul</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong> entstanden. Deshalb nennen die <strong>Baul</strong>s<br />

Caitanya ihren Urguru. Um Caitanya sammelten sich allerdings auch orthodoxe Brahmanen<br />

aus dem heutigen West Bengal, wahrscheinlich, weil Caitanya einfach zu erfolgreich war<br />

und daher nicht ignoriert werden durfte. Der Führer <strong>der</strong> Orthodoxen war Advaitacarya, <strong>der</strong><br />

in seinem Zentrum weiterhin in einer mil<strong>der</strong>en Form das Kastensystem aufrechterhielt.<br />

An<strong>der</strong>s sah es im Zentrum von Nityananda aus, den Caitanya mit <strong>der</strong> Verbreitung seiner<br />

Lehre in West Bengal beauftragte. Nityananda lehnte das Kastensystem ab, wie sein Lehrer<br />

es tat, und nahm viele Shudras und Kastenlose bei sich auf. Es ist anzunehmen, daß um<br />

Caitanya und / o<strong>der</strong> Nityananda sich viele Shudras und Kastenlose gesammelt haben, die<br />

sich <strong>Baul</strong>s nannten. Auch Caitanya wurde von seinem Schüler Advaitacarya <strong>Baul</strong> genannt.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Religion</strong> <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s ist die <strong>Religion</strong> <strong>der</strong> Gottesliebe. <strong>Die</strong>se Liebe ist jedoch eine beson<strong>der</strong>e<br />

Art <strong>der</strong> Gottesliebe. Gott wird hier nicht als Gottvater, son<strong>der</strong>n als <strong>der</strong> Geliebte verstanden.<br />

<strong>Die</strong> Basis dieses Konzepts ist die göttliche Liebe zwischen Krishna und seiner<br />

Geliebten Radha. Krishna war Vishnus Inkarnation. Wie Krishna in <strong>der</strong> Bhagavdgita verkündet,<br />

erscheint er in dieser Welt, um die Guten zu retten und die Bösen zu bestrafen,<br />

immer wie<strong>der</strong>, wenn die Rechtsaffenheit (dharma) vom Untergang bedroht wird und die<br />

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