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Die Religion der Baul-Gemeinschaft

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Es gibt jedoch einzelne Menschen aus <strong>der</strong> drei oberen Kasten, die gerade die Freiheitsromantik<br />

und die philosophischen Gedanken <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s schätzen. Rabindranath Tagore war<br />

beeindruckt von zwei Schwerpunkten <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>-<strong>Religion</strong>: Gott und <strong>der</strong> Mensch lieben sich<br />

gegenseitig, und Gott wohn t im Herzen des Menschen und ist auch deshalb nicht draußen,<br />

son<strong>der</strong>n in einem selbst zu finden. Tagore sah auch die Philosophie <strong>der</strong> Upanishaden,<br />

Brahman manifestiert sich als die Welt, in den <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong>n vertreten, da die <strong>Baul</strong>s die<br />

Wahrheit in sich selbst suchen. Er för<strong>der</strong>te die <strong>Baul</strong>s und publizierte zwanzig Lie<strong>der</strong> vom<br />

<strong>Baul</strong> Lalan-sa(h) Phakir. 29 In seinen Tranzdramen Phalguni und Raja stellt Rabindranath<br />

Tagore fiktive <strong>Baul</strong>s vor, die in ihren Lie<strong>der</strong>n die obengenannten Schwerpunkte <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>-<br />

<strong>Religion</strong> vorstellen. Auch Ksitimohan Sen, ein Freund von Tagore, vertritt die Meinung,<br />

daß die <strong>Baul</strong>s die Philosophie <strong>der</strong> Upanishaden verkünden. Seiner Meinung nach streben die<br />

<strong>Baul</strong>s an, durch den Weg <strong>der</strong> Liebe und <strong>der</strong> Leidenschaft, <strong>der</strong> unter den Adepten als lebendiger<br />

Glaube vorhanden ist, und mit spiritueller Übung das eigene Ego zu verlassen und<br />

sich selbst mit Gott zu vereinigen. 30 <strong>Die</strong> Bewun<strong>der</strong>ung Tagores und Senas, jeweils aus <strong>der</strong><br />

Brahmana- und Kshatriya-Kaste, für die <strong>Baul</strong>s basierte auf zwei Tatsachen. Sie wußten<br />

nicht vom tantrischen Yoga <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong>, und sie glaubten, daß die <strong>Baul</strong>s sich in<br />

ihren Lie<strong>der</strong>n nicht versteckt darstellen.<br />

Eine Nachahmung von Tagore, <strong>der</strong> die Bengaliliteratur heute noch wesentlich beeinflußt,<br />

findet man in <strong>der</strong> Erzählung Manus-lila, vefaßt vom zeitgenössischen Schriftsteller Samares<br />

Majumadar. Der <strong>Baul</strong> dieser Erzählung ist ein gebildeter Mensch, beherrscht die Philosophie<br />

des Caitanya-Vaishnavismus und kennt einige von Rabindranath Tagore verfaßte Lie<strong>der</strong>. 31<br />

Auch Upendranath Bhattacarya hat eine positive Meinung über die <strong>Baul</strong>s und meint <strong>der</strong><br />

tantrische Yoga, den die <strong>Baul</strong>s praktizieren, „ist keine Wollust, son<strong>der</strong>n eine schwierige<br />

Yogaübung. <strong>Die</strong> Vereinigung zwischen Mann und Frau, das wichtigste Ritual, geschieht<br />

nach (<strong>der</strong> Anordnung) ihrer <strong>Religion</strong>.“ 32<br />

Untersuchungsergebnisse<br />

1. <strong>Die</strong> Kastenzugehörigkeit <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s, d. h. eigentlich die Kastenlosigkeit <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s, gestaltet<br />

die Rahmenbedingungen, in denen sie sich bewegen und entfalten können. <strong>Die</strong>se sind<br />

und können nicht beson<strong>der</strong>s großzügig sein. <strong>Baul</strong>s <strong>der</strong> älteren Generation sind zum großen<br />

Teil Analphabeten. Manche schicken ihre Kin<strong>der</strong> zur Schule. Aber auch diese wenigen<br />

Kin<strong>der</strong>, die eine Schule besuchen, bleiben dort Außenseiter. Zum Beispiel dürfen sie nicht<br />

an einer religiösen Zeremonie im Hause dieser Kastenkin<strong>der</strong> teilnehmen. Es bleibt<br />

abzuwarten und zu beobachten, wie die heutigen <strong>Baul</strong>-Kin<strong>der</strong> in Zukunft als erwachsene<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft ihre Lage verbessern. Gleichzeitig muß festgehalten werden,<br />

eine <strong>der</strong> wichtigen Voraussetzungen für das Bestehen dieser religiösen Richtung ist das<br />

Nichtgebundensein an die Regeln <strong>der</strong> Dharmashastras.<br />

2. Neben den Maludharis und Kistidharis, gibt es <strong>Baul</strong>s, die sich Udasi o<strong>der</strong> Grihi nennen.<br />

Jede Kategorie hat ihre beson<strong>der</strong>e Eigenschaften. <strong>Die</strong> Udasi-<strong>Baul</strong>s wechseln häufig ihren<br />

Wohnort aus finanzieller Überlegungen. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s selbst bestreiten aber hartnäckig, daß ein<br />

finanzieller Grund sie zum Ortswechsel motiviert. Sie behaupten stets, daß sie dies nur aus<br />

ideologischer Überzeugung tun.<br />

29<br />

Detailliert in: Upendranath Bhattacarya: Banglar <strong>Baul</strong> o <strong>Baul</strong> gan, Kalikata, 1981, 533-545<br />

30<br />

Ibid., 70-73<br />

31<br />

Samares Majumdar: Manav-lila, Desh, Jg. 63, Nr. 1, 1995, 60-75<br />

32<br />

Upendranath Bhattacarya: Banglar baul o baul gan, Kalikata, 1981, 69<br />

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