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Die Religion der Baul-Gemeinschaft

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im Monat Phalgun (Februar-März) im Dorf Ghosapara, Distrikt 24 Pargans, statt. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s<br />

sind hier zahlende Gäste. Das Paush-mela und das Magh-mela sind zwei säkulare Feiern, die<br />

von <strong>der</strong> Visva-Bharati University im Ort Santiniketan organisiert werden. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s sind<br />

hier geladene Gäste, <strong>der</strong>en Übernachtung und Verpflegung die Universität übernimmt. Auch<br />

beim Kartabhaja-mela, beim Paush-mela und beim Magh-mela bestehen die religiösen<br />

Aktivitäten <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s im Singen und in <strong>der</strong> gemeinsamen Mahlzeit, wie beim Jayadevakenduli-mela.<br />

Ein wichtiges Ritual <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong> ist <strong>der</strong> Mahotsab, die große Feier. Das Fest soll<br />

möglichst mehrmals, mindestens aber einmal im Jahr im Andenken an den Urguru Caitanya<br />

gefeiert werden. Da die <strong>Baul</strong>s selbst die Kosten <strong>der</strong> Feier tragen, feiern sie nur einmal im<br />

Jahr den Mahotsab. Neben dem Gesang und <strong>der</strong> gemeinsamen Mahlzeit spielen hier<br />

Fachgespräche eine wichtige Rolle. Da die <strong>Baul</strong>s hier ungestört ihre Fachgespräche führen<br />

wollen, dürfen bei <strong>der</strong> großen Feier nur <strong>Baul</strong>s anwesend sein. <strong>Die</strong> Fachgespräche verleihen<br />

dem Fest den Charakter einer Konferenz.<br />

Etwas eigenartig ist das Ritual Caricandra, das Ritual <strong>der</strong> vier Monde. <strong>Die</strong> vier Monde sind<br />

Stuhl, Urin, Ausfluß <strong>der</strong> Partnerin und Samen des <strong>Baul</strong>s, die jeweils mit den vier Elementen<br />

Erde, Wasser, Feuer und Wind verglichen werden. Das Ritual besteht darin, daß die <strong>Baul</strong>s<br />

zusammen mit ihrer Partnerin die vier Monde einnehmen bzw. auf den Körper schmieren.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s glauben, um Gott zu erleben müsse man den Tantrayoga üben. Um den Tantrayoga<br />

zu üben, benötigen sie eine Partnerin. Der Yoga muß während <strong>der</strong> Menstruation <strong>der</strong><br />

Partnerin praktiziert werden. <strong>Die</strong> Übung, die mit <strong>der</strong> sexuellen Vereinigung mit <strong>der</strong><br />

Partnerin anfängt, endet mit dem Gotteserlebnis des Übenden, so glauben die <strong>Baul</strong>s. Da <strong>der</strong><br />

Tantrayoga den Geschlechtsverkehr einbezieht, wird er in <strong>der</strong> Gesellschaft heftig kritisiert<br />

und als Sex im Namen <strong>der</strong> <strong>Religion</strong> angesehen.<br />

<strong>Die</strong> vorliegende Studie stellt den Hintergrund und die heutige Lage <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong><br />

dar. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong> wird sich in Zukunft sicherlich von ihrem heutigen Zustand<br />

unterscheiden. Denn Indien strebt nach <strong>der</strong> Industrialisierung. <strong>Die</strong> Industrialisierung wird<br />

auf das Kastensysten einen großen Einfluß ausüben, was schon heute offensichtlich wird.<br />

Als Beispiel können hier die Essensgewohnheiten in <strong>der</strong> Stadt genannt werden. <strong>Die</strong> Dharmashastras<br />

verbieten den drei oberen Kasten, mit den Shudras und den Kastenlosen zu<br />

speisen. In den Großstädten in Indien wird diese Regel im öffentlichen Leben oft nicht eingehalten<br />

werden. <strong>Die</strong> große Arbeitslosigkeit zwingt die Angehörigen <strong>der</strong> oberen Kasten,<br />

eine für die Shudras bestimmte Arbeit zu verrichten. Brahmanen, Kshatriyas und Vaishyas,<br />

die solche Tätigkeiten ausüben, essen auch in <strong>der</strong> Mittagspause zusammen mit ihren Kollegen<br />

aus <strong>der</strong> Shudra-Kaste und mit den Kastenlosen. Das strenge Kastensystem ist aber eine<br />

<strong>der</strong> Ursachen, warum es zur Bildung <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong> kam. Da die Shudras und Kastenlosen<br />

durch die Kastenordnung vom klassischen Hinduismus ausgeschlossen wurden,<br />

mußten sie für sich selbst eine <strong>Religion</strong>sgemeinschaft bilden, damit sie ihren Hinduismus<br />

praktizieren konnten. Löst sich aber das Kastensysten durch die Industrialisierung auf, was<br />

wünschenswert ist, wird es für die Shudras und Kastenlosen nicht mehr nötig sein, sich außerhalb<br />

des klassischen Hinduismus zu organisieren. In diesem Falle werden sie den Hinduismus<br />

so ausüben, wie die an<strong>der</strong>en Kasten es tun. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong> wird dann eine<br />

weitere Richtung des klassischen Hinduismus darstellen.<br />

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