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Die Religion der Baul-Gemeinschaft

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Untersuchungsergebnisse<br />

1. Sachlich gesehen, vereinigt <strong>der</strong> <strong>Baul</strong> seinen Samen und den Gott seiner Partnerin, <strong>der</strong> sich<br />

im Ausfluß <strong>der</strong> Frau befindet in seinem eigenen Körper und bezeichnet dies als Gotteserlebnis.<br />

Es wird nicht gesagt, was mit dem Gott, <strong>der</strong> im Sahasrara des <strong>Baul</strong>s sitzt, geschieht.<br />

Da aber die <strong>Baul</strong>s glauben, daß Gott sich als Samen manifestiert, ist <strong>der</strong> Samen<br />

wahrscheinlich in diesem Moment Gott des übenden <strong>Baul</strong>s. Wenn dies <strong>der</strong> Fall ist, dann<br />

vereinigt <strong>der</strong> <strong>Baul</strong> seinen Gott mit dem Gott seiner Partnerin, und erlebt dadurch Gott.<br />

Hierfür ist ein Geschlechtsverkehr notwendig, da Gott <strong>der</strong> Partnerin sich in diesem Zeitpunkt<br />

im Muladhara-cakra <strong>der</strong> Partnerin befindet. <strong>Die</strong>s erfor<strong>der</strong>t jedoch zwei Götter, einen,<br />

<strong>der</strong> im Sahasrara des männlichen Körpers wohnt und sich als Samen manifestiert, und einen<br />

an<strong>der</strong>en, <strong>der</strong> sich in dieser Zeit im Muladhara-cakra <strong>der</strong> Partnerin befindet. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s<br />

betonen aber, daß es nur einen Gott gibt, <strong>der</strong> sich als mehrere Götter manifestiert. Also<br />

vereinigt <strong>der</strong> Übende zwei Manifestationen Gottes miteinan<strong>der</strong>. <strong>Die</strong> Frage bleibt jedoch<br />

unbeantwortet, warum es notwendig ist, zwei Manifestationen Gottes miteinan<strong>der</strong> zu vereinigen,<br />

damit <strong>der</strong> Mensch sein persönliches Gotteserlebnis erfährt. <strong>Die</strong>se Frage wird in den<br />

Lie<strong>der</strong>n nicht beantwortet. Auch die <strong>Baul</strong>s konnten dies <strong>der</strong> Autorin nicht erklären. Auf<br />

Fragen antworten sie, daß ihr Guru, <strong>der</strong> selbst Gott erlebt hat, ihnen dieses über Gott gesagt<br />

und ihnen die Übungen beigebracht hat. Der Guru kennt die Wahrheit und seine Worte<br />

können nicht falsch sein. Sie brauchen die Theorie nicht zu verstehen, son<strong>der</strong>n nur des<br />

Gurus Anweisungen zu folgen. Nur so können sie selbst auch eines Tages die Wahrheit<br />

erkennen und Gott erleben.<br />

2. Der Mahayoga <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>-<strong>Religion</strong> ist eine Variation des Maithun, <strong>der</strong> letzte Teil des<br />

Rituals mit Pañca-tattva (fünf Dingen, Wein, Fleisch, Fisch, geröstetem o<strong>der</strong> gebratenem<br />

Getreide und dem Koitus) des Tantra (Referenz). Das Mahanirvana-tantra IV, 39 nennt den<br />

Vorteil des Rituals mit Panca-tattva im Gegensatz zum Raja-yoga und Bhoga (Genuß) und<br />

sagt: „Dort, wo die Fülle von Erlebnissen vorhanden ist, kann man nicht vom Yoga<br />

(gemeint ist <strong>der</strong> Rajayoga) sprechen, und dort, wo Yoga praktiziert wird, kann man nichts<br />

erleben, aber <strong>der</strong> Kaula (Tantrika) erlebt beides.“ In ihren Lie<strong>der</strong>n vertretten die <strong>Baul</strong>s die<br />

Meinung des Mahanirvana-tantra und singen in ihren Lie<strong>der</strong>n, daß sie keine Askese üben,<br />

son<strong>der</strong>n Gott und die Welt gleichzeitig genießen möchten (s. Anhang <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong>). Der<br />

Mahayoga ermöglicht ihnen dies.<br />

3. Wie die Tantriks glauben die <strong>Baul</strong>s, daß dies kein sinnlicher Genuß, son<strong>der</strong>n die hohe<br />

Spiritualität ist, und, daß ihr Ritual für die meisten schwer verständlich ist und versuchen<br />

daher diese ritualbezogenen Übungen geheimzuhalten. Sie äußern sich in ihren Lie<strong>der</strong>n über<br />

den Mahayoga in einer Geheimsprache. <strong>Die</strong>se Lie<strong>der</strong> werden daher von den Nichteingeweihten<br />

ganz an<strong>der</strong>s verstanden, als die <strong>Baul</strong>s es meinen und bedürfen deshalb <strong>der</strong> Erläuterung.<br />

4. Zwei US-Amerikanerinnen, die 1994 im Dorf Sriniketan, Dist. Birbhum, mit einigen<br />

<strong>Baul</strong>s zusammenlebten, sagten <strong>der</strong> Autorin auf Anfrage, daß für sie <strong>der</strong> Mahayoga ein sexuelles<br />

Erlebnis war. <strong>Die</strong> Leblosigkeit des Körpers eines <strong>Baul</strong>s, <strong>der</strong> nach dem Mahayoga<br />

Gott im eigenen Körper erlebt, ist ähnlich wie die Beschreibung des Zustandes eines Menschen<br />

<strong>der</strong> Orgasmus erlebt hat, die man in den Studien von Alfred C. Kinsey: „Kinsey Report.<br />

Das sexuelle Verhalten <strong>der</strong> Frau“ und „Kinsey Report. Das sexuelle Verhalten des<br />

Mannes“. Kinsey schreibt, daß in diesem Zustand eine echte Anästhesie <strong>der</strong> Sinnesorgane<br />

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