Die Religion der Baul-Gemeinschaft
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Gurus etwas Salz mit Erde und streut die Mischung auf den Boden des Grabes. Jetzt decken<br />
die Frauen die Leiche mit einem weißen Tuch zu und die Männer setzen sie ins Grab. <strong>Die</strong><br />
Leiche sitzt im Grab mit dem Gesicht nach Osten. Man stellt vor ihr sieben bis vierzehn<br />
Schüsseln mit Speisen in <strong>der</strong> Art des Malsa-bhogs (s. oben), Wasser, indische Zigarren<br />
(biri), Gãja (Hanf), eine Wasserpfeife, gekochten Tee, eine Öllampe und Räucherstäbchen<br />
hin, als ob <strong>der</strong> Verstorbene diese weiterhin benötigen würde. Nach <strong>der</strong> Beerdigung nehmen<br />
alle ein Bad und ziehen frische Kleidung an. Nun wird ein einfaches Essen serviert, Eintopf<br />
aus Reis und Linsen mit Gemüse. Das gemeinsame Essen nach dem Begräbnis wird<br />
Kadamacchab (das vorläufige große Fest) genannt. In dieser Nacht schlafen die Teilnehmer<br />
des Rituals nicht. Sie entzünden vor dem Grab eine Öllampe und singen die ganze Nacht.<br />
Am BegräbniShritual nehmen die Mitglie<strong>der</strong>, Bekannten und Freunde <strong>der</strong><br />
Wohngemeinschaft teil. Einen Monat lang entzünden die <strong>Baul</strong>s täglich eine Öllampe und<br />
Räucherstäbchen vor dem Grab. An manchen Abenden singen sie davor. Nachdem die<br />
einmonatige Trauerzeit beendet ist, treffen sich alle, die am Begräbnis teilgenommen haben,<br />
in <strong>der</strong> Wohngemeinschaft des Verstorbenen und feiern das Essensfest Birahamacchab, (das<br />
große Fest <strong>der</strong> Trauernden). Das Menü bleibt gleich. Bezüglich <strong>der</strong> Unreinheit nach dem<br />
Tod eines Verwandten<br />
<strong>Die</strong> Manusmriti nennt verschieden lange Fristen <strong>der</strong> unreinen Periode, die nach dem Tod<br />
eines Verwandten eintritt, für verschiedene Kasten. Nach dieser Anweisung sollen die<br />
Shudras einen Monat lang unrein bleiben (V, 83). Auf die Frage, warum sie gerade einen<br />
Monat lang Trauer halten, antworten die <strong>Baul</strong>s, daß dies ihre Sitte sei und vertreten ihre feste<br />
Überzeugung, daß dies mit den Bestimmungen <strong>der</strong> Dharmashastras nichts zu tun hat.<br />
Unkosten, die durch das Totenritual entstehen, tragen die wohlhabenden Dorfbewohner.<br />
Untersuchungsergebnisse<br />
1. <strong>Die</strong> Hindus von allen Kasten verbrennen die Leichen <strong>der</strong> Verstorbenen. <strong>Die</strong> Dharmashastras<br />
geben Instruktionen zur Verbrennung <strong>der</strong> Leiche. 29 die <strong>Baul</strong>s aber begraben ihre<br />
Toten. Warum die <strong>Baul</strong>s hier von <strong>der</strong> landesüblichen Sitte abweichen, ist nicht mit Sicherheit<br />
zu klären. Möglich ist es aber, daß sie hier <strong>der</strong> Vorschrift des Tantras folgen. Das Mahanirvana-tantra<br />
VIII, 284 meint, daß die Leiche eines Asketen nicht verbrannt, son<strong>der</strong>n in<br />
<strong>der</strong> Erde o<strong>der</strong> im Fluß begraben werden soll. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s als Mitglie<strong>der</strong> eines Ordens sind im<br />
tantrischen Sinne Asketen. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s selbst betrachten sich als Asketen die durch den Mahayoga<br />
nicht ihre Sinnlichkeit befriedigen, son<strong>der</strong>n Gott erleben wollen. Auch die Virashaivas<br />
in Südindien begraben die Leiche ihrer Mitglie<strong>der</strong>. 127 Ein Gedankenaustausch zwischen<br />
den <strong>Baul</strong>s und den Virashaivas ist jedoch auszuschließen, da die <strong>Baul</strong>s von <strong>der</strong> Existenz<br />
<strong>der</strong> Virashaivas nichts wissen. Es kann jedoch hier festgehalten werden, daß sowohl<br />
das Tantra als auch einige vom Tantra beeinflußten <strong>Religion</strong>sgemeinschaften die Leichen<br />
ihrer Angehörigen beerdigen, was den Einfluß des Tantras auf diese <strong>Religion</strong>sgemeinschaften<br />
vermuten läßt.<br />
2. Der Einfluß von den Dharmashastras ist bei <strong>der</strong> Einhaltung <strong>der</strong> Frist für die unreine Zeit<br />
ist festzustellen, was die <strong>Baul</strong>s jedoch bestreiten.<br />
127 Vgl. S.C. Nandimath: A Handbook of Virasaivism, Delhi, 1979, 49-54<br />
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