Die Religion der Baul-Gemeinschaft
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Der 1. Schritt: Das Aussuchen <strong>der</strong> Partnerin für den Schüler<br />
<strong>Die</strong> Pflichten und Rechte <strong>der</strong> Eltern, die ihre Kin<strong>der</strong> nach dem Brahma-Ritus verheiraten,<br />
übernimmt hier <strong>der</strong> Guru des <strong>Baul</strong>s. Er sucht für seinen Schüler die passende spirituelle<br />
Partnerin. Hierbei spielen, im Gegensatz zum Brahma-Ritus, die Kaste, das Gotra, das Horoskop<br />
und die Jungfräulichkeit <strong>der</strong> Kandidatin keine Rolle. Auf den guten Ruf <strong>der</strong> Familie<br />
wird nicht viel Wert gelegt. Allerdings wird auf das Aussehen und Alter <strong>der</strong> Frau geachtet.<br />
Schon hier wird deutlich, daß sich die Wertvorstellungen <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s von den Ansichten <strong>der</strong><br />
Hindus aus den drei oberen Kasten unterscheiden. In diesem Zusammenhang darf erwähnt<br />
werden, das Baudhayana-Dharmashastra, Prasna I, Adhyay 11, Kandika, 20, 14 macht die<br />
Aussage, daß die Vaishyas und Shudras im Bezug auf die Auswahl <strong>der</strong> Frau nicht wählerisch<br />
sind. <strong>Die</strong> Partnerin wird nach dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> Zweckmäßigkeit selektiert. Sie<br />
muß für die Ausübung des tantrischen Yoga des Schülers geeignet sein. Nachdem <strong>der</strong> Guru<br />
sich die zukünftige Partnerin seines Schülers in ihrem Elternhaus angesehen und sich durch<br />
Gespräche mit ihren Eltern von ihren yogischen Fähigkeiten überzeugt hat, legt er zusammen<br />
mit den Eltern <strong>der</strong> Frau einen Tag für den Austausch <strong>der</strong> Ketten fest. Im Gegensatz<br />
zum Brahma-Ritus, darf dies zu je<strong>der</strong> Jahres- und Tageszeit stattfinden. In dieser Vorbereitungsphase<br />
verhält sich <strong>der</strong> Schüler ähnlich wie ein Sohn <strong>der</strong> oberen Kasten. Er verläßt<br />
sich auf die Entscheidung seines Gurus und gehorcht ihm. Mit dem Aussuchen und <strong>der</strong><br />
Festlegung des Datums ist die erste Phase des Austausches <strong>der</strong> Ketten beschritten.<br />
Der 2. Schritt: <strong>Die</strong> Zeremonie vor dem Guru<br />
Der Hauptteil <strong>der</strong> Zeremonie findet vor dem Guru des Schülers entwe<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Wohngemeinschaft<br />
des Kandidaten o<strong>der</strong> im Hause <strong>der</strong> Kandidatin statt, wozu die Bewohner <strong>der</strong><br />
Wohngemeinschaft und die <strong>Baul</strong>s aus <strong>der</strong> näheren Umgebung eingeladen werden. Der <strong>Baul</strong><br />
und seine zukünftige Partnerin beugen sich vor dem Guru des <strong>Baul</strong>s, <strong>der</strong> ihnen Anweisungen<br />
zum gemeinsamen spirituellen Leben gibt. Er schmiert Sandelpaste nacheinan<strong>der</strong> auf<br />
Stirn, Bauch, Herz, Hals, die rechte Körperseite, den rechten Arm, die rechte Schulter, die<br />
linke Körperseite, den linken Arm, die linke Schulter, Rücken und Hüfte <strong>der</strong> Kandidaten.<br />
Vor dem Guru tauschen beide ihre Ketten aus Tulsi-Holz aus. <strong>Die</strong> Zeremonie wird von<br />
Bengali-Mantras begleitet.Das heilige Feuer wird hier nicht angezündet. Der <strong>Baul</strong> und seine<br />
Partnerin begrüßen den Guru, indem sie seine Füße fassen. <strong>Die</strong>s entspricht den Anweisungen<br />
<strong>der</strong> Manusmriti II, 71-72. <strong>Die</strong> Kanthibadal-Zeremonie kann soweit erweitert<br />
werden, daß <strong>der</strong> Schüler hier auch die Initiation zum Tantrayoga (s. unten) empfängt. In<br />
diesem Fall findet die Zeremonie hinter geschlossener Tür nur unter <strong>der</strong> Anwesenheit des<br />
Gurus, seiner Partnerin und bei<strong>der</strong> Kandidaten statt. Nachdem die Kanthi-badal-Zeremonie<br />
vollzogen ist, gehören <strong>der</strong> <strong>Baul</strong> und seine Partnerin zusammen. Der Guru des <strong>Baul</strong>s wird<br />
jetzt auch <strong>der</strong> Guru seiner Partnerin, die nun ein Mitglied <strong>der</strong> Wohngemeinschaft geworden<br />
ist. Sie nimmt, wie die an<strong>der</strong>en Frauen <strong>der</strong> Wohngemeinschaft, die den Frauen zugedachten<br />
Rechte und Pflichten wahr. Das Kanthi-badal wird mit einer gemeinsamen Mahlzeit abgeschlossen.<br />
Vor <strong>der</strong> Teremonie haben die Frauen <strong>der</strong> Wohngemeinschaft ein vegetarisches<br />
Mahl vorbereitet, das aus zwei Haupgerichten, 1) einem Eintopf aus Reis und Linsen und 2)<br />
Gemüse besteht. <strong>Die</strong> Speise wird jetzt vom Guru an Caitanya und an<strong>der</strong>en (s. oben Malsabhog)<br />
geopfert. Nachdem man annimmt, daß Caitanya und die an<strong>der</strong>en die Speise geistig<br />
verzehrt haben, wird sie vom Guru an die Anwesenden verteilt. Nun essen alle mit großer<br />
Freude das heilige Mahl. Hiernach wird erzählt und gesungen. Das Ereignis erhält nun eine<br />
feierliche Atmosphäre. Normalerweise versammeln sich alle beim Guru am Vormittag, so<br />
daß sie gegen Mittag ihre Mahlzeit zu sich nehmen können. <strong>Die</strong> Feier dauert bis zum<br />
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