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Die Religion der Baul-Gemeinschaft

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Wesen und Charakter. <strong>Die</strong> folgende Strophe in <strong>der</strong> Bhagavadgita beschreibt, wie die Gunas<br />

auf den Menschen wirken: „Sattva führt zur Freude, Rajas zur Aktivität, o Bharata (gemeint<br />

ist Arjuna), wobei Tamas jedoch Wissen verschleiert und zur Trägheit führt (Bhagavadgita<br />

XIV, 9).“ Wenn die Gunas in <strong>der</strong> Prakriti sich im vollkommenen Gleichgewicht befinden, ist<br />

sie inaktiv. Sie verliert aber ihr Gleichgewicht, wenn sie mit dem Purusha in Berührung<br />

kommt. <strong>Die</strong>s ist auch <strong>der</strong> Zeitpunkt, in dem ihre Entfaltung als vierundzwanzig Tattvas<br />

beginnt. <strong>Die</strong>s geschieht in folgen<strong>der</strong> Reihenfolge:<br />

<strong>Die</strong> vyakta Prakriti (manifestierte Prakriti) → Buddhi (Intellekt), auch Mahat (<strong>der</strong> kosmische<br />

Intellekt) genannt → Ahankara (Ich-Bewußtsein) → fünf Tanmatras („Feinelemente“<br />

Elemente des Geräusches, Tastens, Geruchs, <strong>der</strong> Form / Farbe und Geschmacks) → Manas<br />

(Geist) → fünf Jnanendriyas (Sinnesorgane: die Funktionen vom Sehen, Hören, Riechen,<br />

Schmecken und Berühren) → fünf Karmendriyas (ausführende Körperteile: Zunge, Füße,<br />

Hände, Ausscheidungsorgane und Reproduktionsorgane) und → fünf Dhatus, auch Bhutas<br />

bzw. Mahabhutas (Großelemente: Erde, Wasser, Wind, Feuer, Äther) genannt.<br />

Jede Kategorie ist feiner als die darauffolgende. <strong>Die</strong>s ist in Kürze die Theorie <strong>der</strong> Tattvas.<br />

<strong>Die</strong> Gelehrten aus dem Caitanya-Vaishnavismus teilen Prakriti in Para-prakriti bzw. Svarupa-prakriti<br />

und Apara-prakriti bzw. Bahiranga-prakriti. <strong>Die</strong> erste ist Sat, Cit, Ananda<br />

(Existenz, Bewußtsein, Glückseligkeit) und die zweite ist Maya. 28 <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s kennen jedoch<br />

diese feinen Unterschiede <strong>der</strong> Prakriti nicht. Für sie ist die Prakriti Gottes Shakti, die mit<br />

Maya (s. oben) identisch ist. In ihren Lie<strong>der</strong>n erwähnen die <strong>Baul</strong>s vierundzwanzig Tattvas<br />

im menschlichen Körper (s. Anhang <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong>).<br />

Ripus (Feinde) und Darajas / Duyaras (Türen)<br />

Es gibt noch weitere Details im Körper, mit denen sich die <strong>Baul</strong>s gedanklich beschäftigen.<br />

<strong>Die</strong> sechs Ripus (Feinde) im eigenen Körper, Kama (Sinnenfreude), Krodha (Zorn), Lobha<br />

(Habgier), Moha (Verblendung), Mada (Rausch) und Matsarya (Neid), werden in Lie<strong>der</strong>n<br />

als Wi<strong>der</strong>sacher dargestellt. <strong>Die</strong>se warten wie <strong>Die</strong>be o<strong>der</strong> Räuber auf die günstige Gelegenheit,<br />

wenn die <strong>Baul</strong>s unachtsam werden, damit sie alle ihre spirituellen Bemühungen<br />

zunichte machen können. Auffallend ist ihre Heimtücke (s. Anhang <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong>).<br />

<strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s singen auch von neun Öffnungen, die <strong>der</strong> Körper hat (s. Anhang <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong>).<br />

<strong>Die</strong>se sind: die Ohren, Augen, Nasenlöcher, <strong>der</strong> Mund, Anus und das Geschlechtsorgan.<br />

Der <strong>Baul</strong> nennt sie in seinen Lie<strong>der</strong>n Darja, Duyar, d. h. Türen. Durch die Öffnungen dringt<br />

die Außenwelt in den Menschen ein, lockt ihn an und lenkt ihn von Gott ab. Außerdem,<br />

durch die Öffnungen, beson<strong>der</strong>s durch das Geschlechtsorgan, verliert <strong>der</strong> <strong>Baul</strong> wertvolle<br />

Energie, die er zurückhalten muß, um die Kundalini-shakti (s. unten) in seinem Körper zu<br />

erwecken. <strong>Die</strong> Yoga-Übungen verleihen dem <strong>Baul</strong> die Fähigkeit die Öffnungen zu schließen.<br />

Während <strong>der</strong> Yoga-Übung muß er in <strong>der</strong> Lage sein, die neuen Öffnungen zu schließen,<br />

mit seiner ganzen Konzentration die Kundalini-shakti im Muladhara-cakra (s. unten) zu<br />

wecken und sie zum Ajña-cakra (s. unten) zu schicken, wo sie sich mit Gott vereinigt. In<br />

<strong>der</strong> Vereinigung zwischen Gott und Kundalini-shakti erlebt <strong>der</strong> <strong>Baul</strong> seine eigene mystische<br />

Vereinigung mit Gott (s. Kapitel 5). Wenn er nicht in <strong>der</strong> Lage ist, die Öffnungen zu<br />

schließen, dringt während <strong>der</strong> Übung die Außenwelt in ihn ein, die Maya beherrscht seinen<br />

Gedanken und er verliert die Energie, indem diese durch die Öffnungen den Körper verlassen<br />

und in die Außenwelt dringen. <strong>Die</strong>s macht die Wirkung <strong>der</strong> Yoga-Übung zunichte. <strong>Die</strong><br />

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