Die Religion der Baul-Gemeinschaft
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Nichtrechtschaffenheit (adharma) das Übergewicht bekommt. So wurde Vishnu als Kri-shna<br />
geboren um die Rechtschaffenheit wie<strong>der</strong>herzustellen. Krishna wuchs im Kuhhirtendorf<br />
Vrindavan als Kuhhirtenjunge auf. Hier lernte er Radha, die Frau eines Kuhhirten kennen.<br />
<strong>Die</strong> verbotene Liebe zwischen Krishna und Radha dient als die Basis <strong>der</strong> Lehre <strong>der</strong><br />
Gottesliebe bei den <strong>Baul</strong>s. <strong>Die</strong> göttliche Liebe zwischen Krishna und Radha war deshalb so<br />
intensiv, weil sie eben verboten war. So wie Radha Krishna liebte, möchten die <strong>Baul</strong>s Gott<br />
lieben.<br />
In <strong>der</strong> <strong>Religion</strong> und den philosophischen Gedanken <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s ist auch die Lehre <strong>der</strong> Upanishaden<br />
vertreten. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s glauben, daß die Welt eine Manifestation von Brahman ist.<br />
<strong>Die</strong> Theorie <strong>der</strong> Maya ist den <strong>Baul</strong>s ebenfalls vertraut. <strong>Die</strong> Maya ist eine Eigenschaft Gottes,<br />
die die Welt als etwas Absolutes erscheinen läßt. Dabei hat die Welt nur im Zusammenhang<br />
mit Gott eine Existenz. Von <strong>der</strong> Maya verleitet klammern die Menschen sich an<br />
vergängliche Dinge und lassen sich von Gott ablenken. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s glauben an die mystische<br />
Physiologie, die deutliche Einflüsse des Tantra und des Yoga zeigt. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s behaupten,<br />
daß <strong>der</strong> menschliche Körper in sich verschiedene Geheimnisse birgt. So sind sie davon<br />
überzeugt, daß im Körper sich die vierzehn Welten, Energiezentren (cakra), Kanäle (nari),<br />
welche die Lebenskraft verteilen, Gott und seine weibliche Energie, die Kundalini-shakti,<br />
befinden. Allerdings können nur die fortgeschrittenen Yogis diese Beson<strong>der</strong>heiten wahrnehmen.<br />
Für alle an<strong>der</strong>en bleiben sie unentdeckt. Ferner gibt es sechs Feinde im eigenen<br />
Körper: Sinnesfreude, Zorn, Habgier, Verblendung, Rausch und Neid. <strong>Die</strong>se hin<strong>der</strong>n die<br />
<strong>Baul</strong>s bei ihrer Suche nach Gott. Durch die neun Öffnungen: die Ohren, Augen, Nasenlöcher,<br />
den Mund, das Geschlechtsorgan und den Anus, verlieren die <strong>Baul</strong>s Energien. Daher<br />
müssen sie bei <strong>der</strong> Yogaübung diese regulieren, damit sie nicht unnötig Energien verlieren.<br />
Außerdem befinden sich im Körper vierundzwanzigeinhalb Monde und noch einmal acht<br />
Monde. <strong>Die</strong> vierundzwanzigeinhalb Monde verteilen sich folgen<strong>der</strong>maßen: zehn Monde in<br />
den zehn Fingernägeln, zehn in den zehn Zehennägeln, in den beiden Wangen jeweils einer,<br />
einer in <strong>der</strong> Unterlippe, einer in <strong>der</strong> Zunge und ein halber Mond auf <strong>der</strong> Stirn. <strong>Die</strong> acht<br />
Monde verstecken sich im Körper folgen<strong>der</strong>maßen: im Mund einer, in beiden Brüsten bzw.<br />
Brustwarzen jeweils einer, in beiden Händen jeweils einer, im Brustkorb einer, im Nabel<br />
einer und im Geschlechtsorgan einer. Ferner versteckt sich im menschlichen Körper <strong>der</strong><br />
Kosmos. <strong>Die</strong> mystische Physiologie <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s ist nicht nur vom Tantra und vom Yoga,<br />
son<strong>der</strong>n auch vom Sankhya-System beeinflußt. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s singen von Prakriti (dem weiblichen<br />
Urprinzip), von vierundzwanzig Tattvas (Dingen), drei Gunas (Eigenschaften), zehn<br />
Indriyas (fünf Wahrnehmungs- und fünf Ausführungsorganen) und fünf Elementen, sowie<br />
von Purusha, den sie Gott gleichstellen, was das Sankhya-System nicht tut. Da die <strong>Baul</strong>s die<br />
Philosophie des Sankhya nicht systematisch lernen, haben sie eine konfuse Vorstellung von<br />
den genannten Begriffen, wie ihre Lie<strong>der</strong> bezeugen.<br />
Das Gottesbild <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s ist wi<strong>der</strong>sprüchlich. Hier finden wir neben den Theorien <strong>der</strong><br />
Upanishaden hausgemachte Thesen. Der persönliche Gott ist die Manifestation des formlosen<br />
Brahman, <strong>der</strong> höchsten Wahrheit. Gott ist <strong>der</strong> Vater, die Mutter und <strong>der</strong> Geliebte. Wenn<br />
einem Ungerechtigkeit wi<strong>der</strong>fährt, kann man sich an Gottvater o<strong>der</strong> Gottmutter wenden.<br />
Gott ist <strong>der</strong> Geliebte, den man so lieben kann, wie Radha Krishna geliebt hat. <strong>Die</strong>se Liebe<br />
gleicht <strong>der</strong> Ekstase. Interessant ist, daß die <strong>Baul</strong>s Gott einen Menschen nennen. Als Mensch<br />
hat Gott einige Schwäche, die man bei den Menschen beobachtet. Z. B. ist er zwar souverän<br />
und unbeeinflußbar von den weltlichen Ereignissen, gleichzeitig ist er so verliebt in seine<br />
weibliche Energie, Kundalini-Shakti, daß man sagen kann, daß er von ihr abhängig ist. Gott<br />
wohnt im menschlichen Körper, genau gesagt im Zentrum Sahasrara-cakra. <strong>Die</strong> Kundalinishakti<br />
wohnt im Zentrum Muladhara-cakra. Das Sahasrara-cakra befindet sich in <strong>der</strong><br />
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