Die Religion der Baul-Gemeinschaft
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sangen hier Loblie<strong>der</strong> (sankirtan) auf Gott und Caitanya und aßen zusammen. Nityananda<br />
nannte dieses Fest Mahotsab. Der Mahotsab wurde hiernach ein fester Bestandsteil <strong>der</strong> religiösen<br />
Übung <strong>der</strong> Caitanya-orientierten Vaisnavs <strong>der</strong> Nityananda-Linie (parampara) in<br />
West Bengal, also auch bei den <strong>Baul</strong>s (s. Kapitel 5).<br />
3. Nityananda tat etwas Ungewohnliches. Er gab die Askese auf und heiratete. Allerdings<br />
holte er vorher die Erlaubnis seines Gurus. Seine beide Ehefrauen waren Basudha Devi und<br />
Jahnavi Devi, die eher als Jahnava Devi bekannt wurde. Im Bezug auf die <strong>Baul</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong><br />
war dies eine wichtige Tat. Sie zeigte eine neue Richtung. Nityananda war jetzt ein<br />
Mensch, <strong>der</strong> den Freuden des Lebens nicht entsagte und trotzdem Gott erlebte. <strong>Die</strong>s ist ein<br />
Grundsatz <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>-<strong>Religion</strong> (s. Kapitel 3). Er war ein Guru, <strong>der</strong> zusammen mit seiner Frau<br />
ein religiöses Zentrum leitete. Genau nach diesem Muster sind die Wohngemeinschaften<br />
(Akhra) <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s gebaut (s. Kapitel 1).<br />
4. Nityananda ermöglichte seinen Anhängern zu heiraten, aber sich trotzdem als Weltentsager<br />
(vairagi) zu bezeichnen. Auch die <strong>Baul</strong>s leben in eheähnlichem Verhältnis, betrachten<br />
sich aber als Asketen, da sie, wie sie meinen, mit ihren Partnerinnen keine sexuellen<br />
Erlebnisse haben, son<strong>der</strong>n Tantrayoga üben.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s bezeichnen Caitanya als ihren Adiguru (Ur-Guru)<br />
Für <strong>Baul</strong>s ist Caitanya <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong> (adiguru) ihrer <strong>Gemeinschaft</strong>. Purnadas <strong>Baul</strong> schreibt:<br />
„Im Kaliyuga ist Mahaprabhu (Großer Gott, gemeint ist Caitanya) <strong>der</strong> Oberste aller<br />
<strong>Baul</strong>s.“ 54 Aber da Caitanya eine Inkarnation Krishnas war, 55 geht die Linie <strong>der</strong> Gurus (guruparampara)<br />
bis zur ersten Inkarnation Krishnas im Satya- bzw. Kritayuga, wie die <strong>Baul</strong>s in<br />
ihren Lie<strong>der</strong>n singen (s. Anhang <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong>).<br />
Da Caitanya <strong>der</strong> Urguru ist, ist ein Huldigungslied (bandana) an Caitanya eröffnet am Anfang<br />
einer <strong>Baul</strong>-Versammlung obligatorisch. In diesen Lie<strong>der</strong>n wird Caitanya gebeten, zu<br />
kommen und an <strong>der</strong> Versammlung teilzunehmen (s. Anhang <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong>). <strong>Die</strong>s entspricht<br />
dem Gebrauch <strong>der</strong> allgemeinen Gottesverehrung (puja). 56 In unzähligen Lie<strong>der</strong>n bekennen<br />
sich die <strong>Baul</strong>s als Schüler Caitanyas seiner Schüler Nityananda, Shri-rup Gõsai und Sanatan<br />
(s. Anhang <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong>).<br />
Auf Grund <strong>der</strong> Lie<strong>der</strong>beispiele kann hier festgehalten werden, daß die <strong>Baul</strong>s Caitanya für<br />
den Grün<strong>der</strong> ihrer <strong>Religion</strong>sgemeinschaft halten. Nun muß untersucht werden, wie wahr<br />
diese Behauptung ist.<br />
Caitanya nannte sich selbst <strong>Baul</strong> und wurde von seinem Schüler Advaitacarya als <strong>Baul</strong><br />
bezeichnet<br />
Caitanya nannte sich kurz vor seinem Tode einen großen <strong>Baul</strong>. Der Biograph Krishnadas<br />
Kabiraj schreibt in Shri-shri-caitanya-caritamrita, Antyalila XIV, Caitanya sagte zu seinen<br />
versammelten Schülern:<br />
„Nachdem ich die zehn Sinnesorgane (indriya)<br />
54 Purnadas <strong>Baul</strong>: Banglar baul gan, Kalikata, 4<br />
55 Krishnadas Kabiraj: Shri-shri-caitanya-caritamrita, Adilila I, 4-6<br />
56 Vgl. Svami Mukhyananda: Om, Gayatri and Sandhya, Mylapore, 1-88<br />
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