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Die Religion der Baul-Gemeinschaft

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Schluß<br />

Der Hinduismus hat schon sehr frühzeitig seine Angehörigen durch das Kastensystem in<br />

fünf Kategorien eingeteilt. <strong>Die</strong>se in Abstufung klassifizierten Kategorien sind: die Angehörigen<br />

<strong>der</strong> Brahmanenkaste, die Angehörigen <strong>der</strong> Kshatriyakaste, die Angehörigen <strong>der</strong> Vaishyakaste,<br />

die Angehörigen <strong>der</strong> Shudrakaste und die Kastenlosen. <strong>Die</strong> heiligen Schriften<br />

Dharmashastras untersagen den Shudras und Kastenlosen, den Hinduismus so zu praktizieren,<br />

wie die drei oberen Kasten es tun. <strong>Die</strong>s bedeutet, daß die Shudras und Kastenlosen<br />

nicht die Veden lernen dürfen, nicht den Tempel betreten und an <strong>der</strong> Gottesverehrung teilnehmen<br />

dürfen und nicht die vedischen Zeremonien vollziehen dürfen. Somit ist die Möglichkeit,<br />

den Hinduismus vollständig zu praktizieren, eingeschränkt.<br />

Das Kastenstensystem wird mit <strong>der</strong> Karma-Theorie begründet. Hat man im letzten Leben<br />

o<strong>der</strong> in mehreren vergangenen Leben gute Taten (karma) getan, wird man den Taten entsprechend<br />

in einer <strong>der</strong> oberen Kasten geboren. Waren die alten Karmas schlecht, wird man<br />

als Shudra o<strong>der</strong>, was noch schlimmer ist, als Kastenloser geboren. Hiermit ist die Kastenzugehörigkeit<br />

durch die Geburt festgelegt. <strong>Die</strong>s bedeutet, daß man im jetzigen Leben seine<br />

Kastenzugehörigkeit nicht verbessern kann.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s sind entwe<strong>der</strong> Shudras o<strong>der</strong> Kastenlose. Sie sind fast ohne Ausnahme Analphabeten.<br />

Daß man hier und da ein Buch findet, das von einem <strong>Baul</strong>s verfaßt worden sein soll,<br />

darf einen nicht irritieren. Denn es findet sich schon jemand, <strong>der</strong> kostenlos für einen <strong>Baul</strong> ein<br />

Buch verfaßt und dann diesen <strong>Baul</strong> als den Verfasser dieser Publikation nennt. Automatisch<br />

stellt sich hier die Frage, wie die <strong>Baul</strong>s ihre Lie<strong>der</strong> verfassen und wer diese Lie<strong>der</strong> schriftlich<br />

festhält, wenn sie Analphabeten sind. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s verfassen ihre Lie<strong>der</strong> tatsächlich selbst. Sie<br />

können diese aber selbst nicht schriftlich festhalten. <strong>Die</strong>s tun die Literaten in Indien. Sie tun<br />

dies entwe<strong>der</strong>, weil sie sich für die Lie<strong>der</strong> interessieren o<strong>der</strong> weil sie von den <strong>Baul</strong>s darum<br />

gebeten werden, da jede Wohngemeinschaft <strong>der</strong> <strong>Baul</strong>s bei sich ein solches Manuskript<br />

aufbewahren möchte. <strong>Die</strong>se Manuskripte sind ihre heiligen Schriften. Rabindranath Tagore<br />

und Upendranath Bhattacarya haben <strong>Baul</strong>-Lie<strong>der</strong> gesammelt und publiziert, weil sie diese<br />

interessant fanden. Es gibt jedoch nur einige wenige solcher Lie<strong>der</strong>kollektionen, da die<br />

Nachfrage sehr gering ist.<br />

Da die <strong>Baul</strong>s keinen Schulabschluß haben, sind sie auch finanziell benachteiligt. Sie arbeiten<br />

als Tagelöhner, Bauern, Fischer etc. o<strong>der</strong> als religiöse Musiker, die für ihren Gesang mit<br />

Geld o<strong>der</strong> Naturalien bezahlt werden. Man erkennt die <strong>Baul</strong>s an ihrer Kleidung und ihrer<br />

Musik. Es gibt zwei Kategorien von <strong>Baul</strong>s, die Maluidharis und die Kistidharis. <strong>Die</strong><br />

Maluidharis haben immer eine ovale ausgehöhlte Kokosnußschale und die Kistidharis haben<br />

immer eine längliche ausgehöhlte Kokosnußschale bei sich. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s wohnen in<br />

Wohngemeinschaften. Das Oberhaupt <strong>der</strong> Wohngemeinschaft ist <strong>der</strong> Guru. Auch seine spirituelle<br />

Partnerin genießt eine gewisse Autorität. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s wohnen zusammen mit ihren<br />

spirituellen Partnerinnen unter <strong>der</strong> Aufsicht des Gurus. <strong>Die</strong> <strong>Baul</strong>s dürfen keine Kin<strong>der</strong> zeugen,<br />

denn die spirituelle Partnerin ist nur für den Zweck des Tantrayoga da, nicht aber, <strong>der</strong><br />

Sinnlichkeit wegen. Wird die Partnerin schwanger, so ist dies ein Beweis dafür, daß <strong>der</strong><br />

betreffende <strong>Baul</strong> <strong>der</strong> Sinnlichkeit nachgegeben hat. In diesem Falle müssen <strong>der</strong> <strong>Baul</strong> und<br />

seine Partnerin die Wohngemeinschaft verlassen. <strong>Die</strong> spirituelle Partnerin eines <strong>Baul</strong>s wird<br />

von seinem Guru ausgesucht.<br />

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